4-Millionen-Euro-Spende für Arthroseforschung

Trotz Millionen von Betroffenen allein in Deutschland sind die Grundlagen der schweren Gelenkerkrankung Arthrose bis heute weitgehend unerforscht. Eine Privatspende ermöglicht nun den Aufbau eines Forschungsbereichs in Frankfurt.

Mehr als 50 Prozent der Frauen und etwa ein Drittel der Männer über 60 Jahren in Deutschland sind von Arthrose betroffen. Die Folgen sind starke Schmerzen und deutliche Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit – mit entsprechenden sozioökonomischen Folgen. Die enorme Relevanz steht in Kontrast zum aktuellen Wissensstand: Entstehung und eine mögliche Vorbeugung sind noch weitgehend unbekannt. Es bleiben als Optionen meist nur Schmerzlinderung und Gelenkersatz.

Diese Forschungslücke will die Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung nun schließen und fördert den Aufbau einer wissenschaftlichen Einheit an der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim seit diesem Sommer mit insgesamt 4,2 Millionen Euro. Der neben dem Rheumaforschungszentrum Berlin bundesweit einzige Forschungsbereich auf diesem Gebiet soll die Mechanismen der Arthroseentstehung entschlüsseln und damit die Grundlage für Prävention und verbesserte Therapie legen.

„Wir freuen uns sehr, dass die Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung die Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim und die Frankfurter Universitätsmedizin für diese Förderung ausgewählt hat“, erklärt Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt. „Mit dieser Unterstützung bietet sich uns die besondere Chance, die Arthroseforschung und -therapie substanziell voranzubringen“, betont Prof. Andrea Meurer, Ärztliche Direktorin der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim.

Ausgewiesene Expertise gewonnen

Die Leitung übernimmt Prof. Frank Zaucke, der von der Universität zu Köln nach Frankfurt wechselt. Er baut die Gruppe gemeinsam mit Klinikdirektorin Prof. Meurer auf. „Mit Prof. Zaucke konnten wir einen renommierten Forscher für unseren Fachbereich Medizin gewinnen, der inhaltlich und persönlich hervorragende Voraussetzungen für die Führung dieses Forschungsbereichs mitbringt“, sagt Prof. Josef Pfeilschifter, Dekan des Fachbereichs Medizin der Goethe-Universität. Nach Studium und Promotion an der Universität Karlsruhe wechselte Prof. Zaucke 1998 an die Universität Köln, wo er sich 2010 in Biochemie und Molekularbiologie habilitierte. Für seine Forschung konnte er Förderungen unter anderem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Europäische Union einwerben. In Frankfurt wird er sich in den Fachbereich Medizin umhabilitieren.

Hohes Engagement

Die Förderung des neuen Forschungsbereichs geht maßgeblich auf eine engagierte Persönlichkeit zurück. Der Fabrikant Dr. Rolf M. Schwiete hatte verfügt, dass sein gesamtes Vermögen nach seinem Tod im Jahr 2013 einer gemeinnützigen Stiftung zugeführt werden soll. Einer der Förderschwerpunkte ist die Medizin. Der erste Vorstand der Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung Erich Gerdes suchte nach der Gründung der Stiftung nach einem herausragenden Zentrum zur Arthrosetherapie und hat die Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim aufgrund ihrer ausgewiesenen Expertise als geeigneten Standort ausgewählt.

Sein Nachfolger Dr. Jürgen Staiger vereinbarte dann mit der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim, der Goethe-Universität und dem Fachbereich Medizin die Gründung und Finanzierung des neuen Forschungsbereichs. Über einen Zeitraum von sieben Jahren fördert die Stiftung den Dr. Rolf M. Schwiete Forschungsbereich für Arthrose mit 4,2 Millionen Euro. Die Mittel stehen für Personal- und Sachkosten zur Verfügung. „Dieser Betrag ist für das Fachgebiet der Orthopädie eine gewaltige Summe, durch die ein ganz wesentlicher Anstoß für die Arthroseforschung gegeben wird“, betont Prof. Zaucke.

Wissensdefizite beheben, Vorbeugung und Therapie verbessern

Derzeit gibt es noch ganz zentrale Wissensdefizite in der Forschung zu Arthrose. Erkannt wird die Erkrankung in der Regel erst dann, wenn die Schäden bereits irreversibel sind. Früher setzte man Arthrose weitgehend mit einer Knorpeldegeneration gleich. Heute geht man allerdings davon aus, dass auch die Knochen unterhalb des Knorpels sowie die umgebende Flüssigkeit entscheidend sind. Das Zusammenspiel dieser verschiedenen Faktoren zu entschlüsseln, ist zentrale Aufgabe des neuen Forschungsbereichs.

Prof. Zaucke hat sich zum Ziel gesetzt, die Prozesse bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Arthrose auf molekularer und zellulärer Ebene zu verstehen. Damit sollen zum einen Biomarker identifiziert werden, mit deren Hilfe man die Erkrankung frühzeitiger diagnostizieren kann. Zum anderen will man die Zelltypen herausfiltern, die für die Arthrose verantwortlich sind, damit man deren Entwicklung gezielt blockieren und so die Arthrose stoppen oder verlangsamen kann.

Die Forschung auf zellulärer und molekularer Ebene wird ergänzt durch bildgebende Verfahren. Dafür steht an der Universitätsklinik Friedrichsheim unter anderem ein Bewegungsanalyselabor mit modernster Messtechnik zur Verfügung. Es ist in der Lage, am Computer ein 3D-Modell zu erstellen, das den aufgezeichneten Bewegungsablauf eines Menschen detailgetreu widerspiegelt und auch die Belastung einzelner Gelenke erfasst. Damit bestehen optimale Voraussetzungen, um Grundlagenforschung, klinische Forschung und Behandlungspraxis unmittelbar zu verknüpfen.

Pressemitteilung der Universitätsklinik

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