Florian Morath und Johannes Münster sind der Frage nachgegangen, warum Kunden beim Einkaufen im Internet permanent Benutzerkonten anlegen müssen.
Wer viel im Internet einkauft, kennt die übliche Praxis: Bei manchen Anbietern muss man sich im Vorfeld anmelden, um die angebotenen Produkte oder Services in Augenschein nehmen zu können; bei anderen ist eine Registrierung erst im Rahmen des Bezahlvorgangs nötig; wieder andere erlauben das Bestellen per Gastzugang. Welches dieser Modelle aus Sicht von Unternehmen am vorteilhaftesten ist, haben sich Florian Morath (Goethe-Universität) und Johannes Münster (Universität zu Köln) in einer aktuellen Publikation in der Zeitschrift Management Science angeschaut.
„Motivation für die Studie war unsere eigene Erfahrung beim Online-Shopping“, erklärt Florian Morath. „Eine Registrierung kostet nicht nur Zeit, sie verlangt mir insbesondere auch die Preisgabe persönlicher Daten ab. Wir haben uns gefragt, ob – und in welchen Situationen – es für Unternehmen wirklich vorteilhaft sein kann, eine solche Hürde aufzubauen.“ Die Antwort der Autoren nach ihrer analytischen Untersuchung: Registrierungspflicht lohnt sich für Online-Shops – und zwar umso mehr, je früher sich der Kunde registrieren muss.
Frühe Registrierung als “sunk costs”
Dahinter steckt das ökonomische Konzept der „sunk costs“: Wird der Registrierungsprozess von der eigentlichen Kaufentscheidung abgekoppelt, sind die (nicht-monetären) Kosten, die sich aus der Preisgabe persönlicher Daten beim Online-Shopping ergeben, nicht mehr entscheidungsrelevant für die eigentliche Kaufentscheidung. Fallen Registrierung und Bezahlvorgang dagegen zusammen, ist die Hürde insgesamt höher. Mit einer Vorab-Registrierungspflicht können Unternehmen damit theoretisch höhere Preise verlangen und dennoch mehr verkaufen. Ein weiterer Vorteil: Springt der Kunde vor dem Kauf ab, bleiben immer noch die Daten.
Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt im Kaufprozess sich ein Kunde registrieren muss, kommt der „sunk cost“-Effekt auch zum Tragen, wenn der Shop erneut besucht wird: Der Aufwand der Registrierung ist dann längst vergessen und kann sogar zum Vorteil gegenüber Wettbewerbern werden, bei denen diese Hürde noch nicht genommen wurde. „Wenn ich iTunes oder den Account bei Amazon schon eingerichtet habe, dann kaufe ich den nächsten Musik-Clip oder das nächste Buch eben auch wieder da“, beschreibt Florian Morath die naheliegende Überlegung. „Der zeitliche Aufwand ist geringer, und der Verkäufer kennt meine persönlichen Daten wie E-Mail- und Postadresse oder Kreditkartennummer ohnehin schon.“
Daten als Zahlungsmittel
Während eine Registrierungspflicht es Unternehmen im Allgemeinen also ermöglicht, die Preise zu erhöhen, ist auch das Gegenteil nicht ausgeschlossen. Insbesondere für Anbieter, für die Kundendaten einen hohen Wert an sich darstellen, lohnt sich eine Preissenkung, die gleichzeitig zu mehr registrierten Kunden führt – im Extremfall sogar eine Preissenkung auf null: „Bei Google oder Facebook zahle ich für die verschiedenen Services nicht mit Geld, sondern mit meinen Daten“, erläutert Morath.
Bei der Unternehmensentscheidung für oder gegen eine Registrierungspflicht spielen aber letztlich auch die Umstände eine Rolle: Was für Kunden habe ich? Sind sie eher treu oder springen sie schnell ab? Haben sie mehr oder weniger Bedenken, persönliche Daten weiterzugeben? „Je loyaler die Kunden und je weniger ihnen ihre Daten wert sind, desto leichter kann eine Firma eine Registrierungspflicht durchsetzen“, so Morath. Ebenfalls von Bedeutung sind Renommee und Wettbewerb: „Kleinere Firmen oder solche mit schlechter Reputation laufen Gefahr, mit einer Registrierungspflicht zu viele potenzielle Kunden abzuschrecken“, so Morath. „Sie sollten eher Gast-Accounts anbieten oder – wenn ihnen eine Registrierung sehr wichtig ist – Kunden mit Rabattangeboten zu einer Anmeldung animieren.“
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Morath, F. and J. Münster (2017): „Online Shopping and Platform Design with Ex Ante Registration requirements“, forthcoming in Management Science.
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Quelle: Wirtschaftswissenschaften (FB 02)
Autorin: Muriel Büsser