Filter im Ohr sorgt für bessere Kommunikation

Bei Heuschrecken wird die Wahrnehmung und Verarbeitung von akustischer Infomation schon im Ohr beeinflusst; Auf dem Foto: Laubheuschrecke; © Markus Schaefer

Gut zu hören ist für die meisten Tiere eine Frage des Überlebens. Damit Signale schnell und effizient registriert und bewertet werden können, filtert bereits das Ohr die relevanten Ereignisse heraus. Das fand ein Forscherteam der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Cambridge (UK) und dem Max-Planck-Institut für Biophysik anhand einer Studie an Laubheuschrecken heraus, die in der aktuellen Ausgabe des Journal of Neuroscience veröffentlicht ist.

„Das Ohr von Heuschrecken ist zwar nicht nahe mit dem Säugetierohr verwandt, aber in seiner Arbeitsweise ist es verblüffend ähnlich“, so Dr. Manuela Nowotny vom Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft der Goethe-Universität. Seit Jahren erforscht ihre Arbeitsgruppe die Signalverarbeitung bei Laubheuschrecken, deren Ohren sich anatomisch einfach zugänglich in den Vorderbeinen befinden. Mit ihren nur 45 Sinneszellen sind sie ausserdem überschaubarer aufgebaut als das menschliche Ohr, das über 3600 Sinneszellen besitzt.

Die Ohren verarbeiten akustische Signale in zwei Schritten. Der erste besteht darin, Schallwellen in eine Bewegung des Hörorgans umzuwandeln. Bereits 2014 konnte die Arbeitsgruppe von Nowotny zeigen, dass die zum Gehirn weitergeleiteten Signale nicht alle Schallsignale in der Umgebung exakt abbilden. Vielmehr werden einige Frequenzbereiche im Lockgesang der Männchen, die für die Fortpflanzung der Tiere relevant sind, überbetont. Sie erzeugen im Ohr stärkere Schwingungen als andere Schallsignale. Insofern bewertet das Ohr Signale schon beim ersten Schritt der Wahrnehmung, was einer Filterung entspricht.

In der aktuellen Studie hat Dr. Jennifer Hummel zusammen mit dem Forscherteam den zweiten Schritt der Schallverarbeitung untersucht, bei der die mechanische Schwingung der Sinneszellen in ein elektrisches Nervensignal für das Gehirn übersetzt wird. Das geschieht, indem sich bewegungssensitive Ionenkanäle öffnen, so dass Ionen in die Sinneszelle einströmen können. Dies löst eine Signalkaskade aus, wodurch elektrische Potentiale für das Gehirn erzeugt werden. Bisher war jedoch nicht klar, wie die physikalischen Änderungen in dem Schallfeld genau im Ohr wahrgenommen und verarbeitet werden.

Nun konnte das Forscherteam nachweisen: nicht alle Bewegungen der Sinneszelle führen dazu, dass sich die Ionenkanäle öffnen. Vielmehr ist das richtige Timing entscheidend und – damit verbunden – die Richtung, in welcher die Sinneszellen ausgelenkt werden. Der Frequenzbereich, den eine einzelne Sinneszelle wahrnehmen kann, ist durch diesen zweiten biomechanischen Filter im Ohr zusätzlich eingeschränkt. „Ohren wandeln also nicht einfach alle Schallwellen in neuronale Aktivität um, sondern sie filtern die Informationen, die durch Schallwellen erzeugt werden, um präzisere neuronale Signale zu erhalten und damit eine bessere Kommunikation zu ermöglichen“, erklärt Manuela Nowotny.

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Publikation: Jennifer Hummel, Stefan Schöneich, Manfred Kössl, Jan Scherberich, Berthold Hedwig, Simone Prinz, Manuela Nowotny: Gating of Acoustic Transducer Channels Is Shaped by Biomechanical Filter Processes, in: The Journal of Neuroscience, February 24, 2016 • 36(8):23 77–2382 • 2377. [Link zum PDF]

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Quelle: Pressemitteilung vom 25. Februar 2016

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