Was geschieht bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 in der Zelle? Um diese Frage zu beantworten, müssen die biochemischen Prozesse sehr genau betrachtet werden. Dr. Christian Münch, Biochemiker an der Goethe-Universität, hat mit seinem Team eine Methode entwickelt, um diese Prozesse simultan und mit hoher zeitlicher Auflösung zu messen. Der Nachwuchswissenschaftler wird nun mit dem Otto-Meyerhof-Preis ausgezeichnet.
Will man mehr über die biochemischen Prozesse bei zellulären Störungen und Erkrankungen wissen, muss man beobachten, wie sich die Proteine in der Zelle verändern. Das Instrumentarium hierfür hat Dr. Christian Münch, Gruppenleiter am Institut für Biochemie II Goethe-Universität, zusammen mit seinem Team entwickelt: eine Methode, mit deren Hilfe die besonders dynamische Proteinsynthese analysiert werden kann. Tausende Proteine können damit simultan gemessen und kleinste quantitative Veränderungen ihrer Synthese erfasst werden, bei gleichzeitig hoher Zeitauflösung. Auf diese Weise konnten die Auswirkungen von zellulärem Stress auf die Proteinsynthese ebenso beschrieben werden wie die Zellveränderungen nach Infektion mit SARS-CoV-2. Dabei wurden auch zelluläre Schnittstellen mit therapeutischem Potential aufgedeckt.
Christian Münch hat an der Eberhard Karls-Universität Tübingen Biochemie studiert und wurde bei Prof. Anne Bertolotti am MRC Laboratory of Molecular Biology und der University of Cambridge (Cambridge, Großbritannien) promoviert. Die Arbeit wurde mit dem Postgraduiertenpreis der British Neuroscience Association ausgezeichnet. Anschließend befasste sich Münch an der Harvard Medical School (Boston, USA) mit der mitochondrialen Reaktion auf Proteinfehlfaltungen. Er entwickelte Modelle zur umfassenden und mechanistischen Untersuchung der mitochondrialen Unfolded-Protein-Response (mtUPR) in Säugetierzellen und konnte dadurch wichtige Aspekte dieses essentiellen Prozesses entdecken.
2016 gründete Christian Münch eine unabhängige Forschungsgruppe am Institut für Biochemie II der Goethe-Universität zur Untersuchung der zellulären Reaktionen auf Stressbedingungen, welche in Erkrankungen oder während eines Infekts auftreten. Hierfür setzt Münch modernste massenspektrometrische Methoden ein und entwickelt diese weiter.
Dr. Christian Münch erhält den Otto-Meyerhof-Preis der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.V. (GBM) im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung am Donnerstag, 16. September. Der Titel seines Preisvortrages lautet „Dynamic protein synthesis changes in stress and disease”. Das Preisgeld stiftet, wie bereits in den Vorjahren, das Unternehmen Boehringer Ingelheim Pharma.
Der mit 5.000 Euro dotierte Preis würdigt herausragende Nachwuchskräfte in der Wissenschaft im Alter von bis zu 40 Jahren. Der Preis erinnert an den Nobelpreisträger und weltbekannten Physiologen und Biochemiker Otto Meyerhof, der in Kiel, Berlin und Heidelberg wirkte, 1938 musste der jüdische Wissenschaftler aus Deutschland fliehen.