RNA: ein lange unterschätztes Molekül

Die RNA ist ein Boten-Molekül. So lernt man es im Biologie-Unterricht: Sie überbringt die genetischen Baupläne vom Zellkern zu den Ribosomen, wo sie in Proteine übersetzt werden. Doch die RNA kann noch viel mehr: Sie übernimmt wichtige katalytische und regulatorische Funktionen in den Zellen von einfachen Lebewesen wie Bakterien bis zu komplexen Säugern. Diese Funktionen untersuchen die Forscher der Goethe-Universität zusammen mit Partnern an der TU Darmstadt und den beiden Frankfurter Max Planck Instituten für Hirnforschung für Biophysik im SFB 902 „Molekulare Prinzipien der RNA-basierten Regulation“.

Sie nehmen RNA-Molekülketten unterschiedlichster Längen in den Blick – vom mikro-RNA-Schnipsel bis zu großen Proteinkomplexen, die RNA enthalten (Ribonukleoproteine). „In der ersten Förderperiode haben wir die Regeln der RNA-basierten molekularen Erkennungsmechanismen verstanden, so dass wir jetzt dazu übergehen können, die regulatorischen Eigenschaften von RNA-Schaltern – sogenannter Riboswitches – gezielt zu optimieren“, fasst Prof. Harald Schwalbe, Sprecher des SFBs, die Ziele für die zweite Förderperiode von 2015 bis 2019 zusammen.

Benötigt werden solche maßgeschneiderten Moleküle in der Grundlagenforschung, der synthetischen Biologie und für therapeutische Anwendungen. „Riboswitches“ – das sind raffinierte, künstlich hergestellte RNA-Moleküle, die Forscher als Werkzeuge nutzen, um gezielt in komplexe Abläufe der Zelle einzugreifen. Beispielsweise heften die Riboswitches sich an einen bestimmten Abschnitt der Boten-RNA aus dem Zellkern und blockieren damit die Synthese eines bestimmten Proteins; oder sie binden direkt an ein Protein und hindern es daran, seine Funktion auszuüben.

So können Forscher Signalketten Schritt für Schritt untersuchen. Therapeutische Anwendungen verspricht insbesondere die Erforschung von mikro-RNAs (miRNAs), die an der Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen beteiligt sind. Sie sind spielen eine Rolle bei Gefäßschädigungen wie Arteriosklerose und bei Aneurysmen, sorgen aber auch für das Gefäßwachstum und die Sauerstoffversorgung nach einer Unterbrechung der Blutzufuhr.

Um beispielsweise nach einem Herzinfarkt das Gefäßwachstum anzuregen, haben die Forscher herausgefunden, wie sie „störende“ miRNAs, das Wachstum von Gefäßen hemmende miRNAs, gezielt ausschalten können: Sie kleben synthetische Anti-miRNAs wie einen passenden Klettverschluss daran. Dieser Eingriff lässt sich inzwischen sogar der zeitlich und örtlich exakt steuern: mit Licht.

Dazu werden die Licht-aktivierbare Schutzgruppen an die Anti-miRNA geheftet. Erst wenn diese durch UV-Licht abgespalten sind, ist eine Bindung an die auszuschaltenden miRNA möglich. Im behandelten Gewebe bilden sich dann vermehrt Blutgefäße. Da die Strahlung etwa ein Zentimeter tief in Gewebe eindringen kann, ist eine Behandlung von Oberflächengewebe wie der Haut denkbar, etwa zur beschleunigten Wundheilung. Aber auch während Operationen könnte mit einem Katheter gezielt Gewebe beeinflusst werden.

Die Forschergruppen des SFBs verfügen nicht nur über vielfältigste Methoden, maßgeschneiderte RNAs herzustellen, sondern sie können deren Struktur und Funktion auch mit verschiedensten, sehr fortschrittlichen spektroskopischen Methoden untersuchen: Der magnetischen Kernspinresonanz (NMR), der Elektronenspin-Resonanz (EPR), der Infrarotspektroskopie und der hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie.

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SFB 902: Molekulare Mechanismen der RNA-basierten Regulation

Sprecherhochschule: Goethe-Universität Frankfurt

Sprecher: Prof. Harald Schwalbe, Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie, Tel.: (069) 798-29738, schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de.

Partner: Technische Universität Darmstadt, Max Planck Institut für Hirnforschung, Frankfurt, Max Planck Institut für Biophysik, Frankfurt.

Links: www.sfb902.de/home

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