Zwei neue Graduiertenkollegs an der Goethe-Universität

Die Goethe-Universität hat zwei neue DFG-Graduiertenkollegs eingeworben. „Fixing Futures“ ist vollständig in Frankfurt angesiedelt und befasst sich mit der Antizipation von „Zukünften“ und damit, wie sich Gesellschaft und Individuum darauf vorbereiten. Ein zweites, gemeinsam mit der TU Darmstadt beantragtes Graduiertenkolleg widmet sich der Frage, wie „Standards des Regierens“ die Möglichkeit kollektiver Selbstbestimmung verändern.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat heute elf neue Graduiertenkollegs bekanntgegeben, zwei davon sind an der Goethe-Universität angesiedelt, beide mit sozialwissenschaftlichem Schwerpunkt. Das Graduiertenkolleg „Fixing Futures“ knüpft an den Masterstudiengang „Science and Technology Studies. Economies, Governance, Life“ und das interdisziplinäre Forschungsnetzwerk „Lab for Studies in Science and Technology“ an und bietet neue Perspektiven für junge Forscherinnen und Forscher, die sich in diesem Bereich qualifizieren wollen. Die Sprecherschaft liegt beim Soziologen Prof. Thomas Lemke, Ko-Sprecherin ist die Kulturanthropologin Prof. Dr. Gisela Welz.

Menschen haben sich schon immer Gedanken gemacht, was die Zukunft bringen könnte. Aber noch nie war die Frage so drängend wie heute. Die Gesellschaften der Gegenwart sind mit neuartigen politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen konfrontiert – zum Beispiel in Zusammenhang mit der Erderwärmung, mit Pandemien und immer wieder neuen Fluchtbewegungen. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, werden Szenarien und Problemlagen antizipiert und häufig technologische Lösungen vorbereitet. Die Zukunft wird „fixiert“ – wobei das englische Wort „to fix“ in seiner Doppeldeutigkeit benutzt wird: „Einerseits geht es darum, Zukünfte festzulegen, damit man sich darauf einstellen kann. Andererseits beinhaltet es auch, dass als defizitär gesehene Zukünfte repariert werden“, erklärt Prof. Lemke, der im Kolleg mit acht weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammenarbeiten wird. Außer der Soziologie und der Kulturanthropologie ist auch das Fach Humangeographie am Graduiertenkolleg beteiligt.

Wie bereitet man sich auf Ereignisse vor, die man für die Zukunft erwartet? Welche Vorkehrungen werden getroffen? Wie begründet man diese Entscheidungen? Und was ist, wenn die Zukunft doch anders aussieht und man nicht vorbereitet ist? Derartige Fehleinschätzungen können gravierende Folgen haben. Untersucht werden sollen die drei Bereiche Economies, Governance und Life. Auffällig sei, dass in allen Bereichen technologische Lösungen angeboten werden – und dass die Entscheidungen darüber oft dem Individuum überlassen sind. Als Beispiel nennt Lemke das so genannte social freezing, bei dem der Kinderwunsch in die Zukunft verschoben wird im Interesse der Karriere. „Man fragt sich: Warum werden diese Dinge nicht gesellschaftlich diskutiert?“, sagt Lemke. Ob Genbank für aussterbende Tierarten oder Umstieg auf E-Mobilität – oft setze man auf das Credo: „Technologien werden uns retten“ – dabei könnte man auch darüber nachdenken, wie die Probleme ursächlich angegangen werden könnten. Hier spielten auch Machtverteilungen eine große Rolle, was besonders beim Thema Klimawandel offenkundig ist: Diejenigen, die am meisten unter den Folgen leiden, sind weder für die Ursachen verantwortlich noch haben sie nennenswerte Mitsprache bei Lösungsansätzen. Bis zum Start des Graduiertenkollegs müssen nun insgesamt 14 Stellen besetzt werden, davon zehn für Promovierende und zwei für Postdocs. Das Kolleg werde sie für eine Vielzahl von Berufsfeldernn und Eirnichtungen im akadmeischen Bereich und darüber hinaus optimal vorbereiten, so Thomas Lemke.

Diese Professorinnen und Professoren sind am neuen Graduiertenkolleg „Fixing Futures“ beteiligt (obere Reihe, von links nach rechts): Thomas Lemke (Foto: Mafra Merielli), Martina Klausner (Foto: privat), Peter Lindner (Foto: A. Nikulin), Thomas Scheffer (Foto: Uwe Dettmar), (untere Reihe, von links nach rechts): Marc Boeckler (Foto: privat), Lizzie Richardson (Foto: privat), Barbara Brandl (Foto: Jan-Frederik Bandel), Josef Barla (Foto: Merielli Mafra), Gisela Welz (Foto: privat).

Das zweite neue Graduiertenkolleg trägt den Titel „Standards des Regierens“ und wurde gemeinsam von der Goethe-Universität und der Technischen Universität Darmstadt beantragt. Sprecher ist Jens Steffek, Professor für transnationales Regieren an der TU Darmstadt, stellvertretende Sprecherin die Demokratieforscherin Prof.‘in Sandra Seubert. Das standortübergreifende Graduiertenkolleg (GRK) beschäftigt sich mit dem Konzept der „good governance“, das allgemeine Normen wie Transparenz, Partizipation und Verantwortlichkeit der Regierenden beinhaltet. Insgesamt sieht das Kolleg zunächst zwei Gruppen mit jeweils zehn Promovierenden vor. Dabei gehe es nicht nur um die Nachwuchsgewinnung für die Wissenschaft, betont Sandra Seubert: „Angesichts der Aufgaben und Probleme, vor denen demokratische Gesellschaften heute stehen, ist es sehr wichtig, junge Menschen für unterschiedliche Bereiche der Politik gut auszubilden, und das wissenschaftlich generierte Wissen mit der Gesellschaft zu verbinden.“ Mehr zum Graduiertenkolleg „Standards des Regierens“.

Die Förderung der beiden Graduiertenkollegs „Fixing Futures“ und „Standards des Regierens“ beginnt zum 1. April 2023 und läuft zunächst fünf Jahre. Anschließend ist eine Fortführung für weitere vier Jahre möglich.

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