
Goethe-Alumnus Yi Shi leitet das international tätige Unternehmen Avazu Holding.
Sie haben der Goethe-Universität viel Geld gespendet. Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen?
Als ich 2009 meine Firma Avazu Holding gründete, habe ich mein Studium abgebrochen. Avazu ist ein Unternehmen, das bis heute in vielen Bereichen des mobilen Internets tätig ist – mobile gaming, mobile advertising und consumer apps. Durch das schnelle Wachstum in den letzten Jahren erwirtschaftet die Firma heute einen zweistelligen Millionengewinn im Jahr. Dafür bin ich der Goethe-Uni sehr dankbar, denn während meines Studiums habe ich viel Fachwissen im Bereich der Informatik (mein Hauptfach) und der Wirtschaftswissenschaften (mein Nebenfach) erworben, außerdem musste ich damals sehr viel Zeit in der Bibliothek verbringen, um zusätzliches Knowhow in den Bereichen Algorithmen-Theorie, Kryptologie, Theoretische Informatik etc. zu erlernen, und diese Erfahrung hat mir heute die autodidaktischen Fähigkeiten in vielen neuen Bereichen ermöglicht.
Wann haben Sie Ihr Herz für die Informatik entdeckt?
Mit 13 habe ich meinen ersten Computer erhalten, der alte Computer meines Vaters. Als Betriebssystem war noch MS DOS installiert und damals habe ich angefangen, mich in die Computerwelt zu vertiefen.
Warum haben Sie Frankfurt als Studienort gewählt?
Ich wollte immer in einer deutschen Großstadt leben, weil ich in der chinesischen Metropole Shanghai aufgewachsen bin, außerdem wollte ich unabhängiger werden von meinen Eltern, daher bin ich in 2007 nach Frankfurt gezogen.
Weil Sie ein Unternehmen gründen wollten, haben Sie Ihr Studium abgebrochen. Wie schwierig war diese Entscheidung?
Die Entscheidung war extrem schwierig, weil ich mit dem Abbruch sozusagen mein Backup verloren hätte, wenn es mit meinem Unternehmen schieflaufen würde. Ohne Studienabschluss wäre ich am Arbeitsmarkt weniger konkurrenzfähig gewesen. Auch meine Eltern waren damals nicht unbedingt überzeugt davon. Ich habe aber immer fest daran geglaubt, dass jeder Mensch durch harte Arbeit und unabhängig von seinem derzeitigen Wohlstand in der Zukunft einen höheren Lebensstandard erreichen kann. Ich befand mich in einem Dilemma und trotzdem habe ich mich für den Abbruch entschieden und mein jetziges Unternehmen gegründet.
Welche Bedeutung hat Ihre Studienzeit aus heutiger Sicht?
Ich habe viele solide Grundlagen der Informatik und Wirtschaftswissenschaften gelernt. Das hat zu Beginn meiner Unternehmensgründung viel geholfen. Zu Anfang musste ich aufgrund fehlender Ressourcen vieles selbst machen, vom Programmieren bis hin zu Finanzen und Personalentwicklung. Maßgeblich hat mich aber die Denkweise geprägt, wie man an Problemlösungsstrategien herangeht, nämlich über Lösungsansätze viel elementarer und fundamentaler nachzudenken (first principles thinking) und diese zu lösen – anstatt analog.
Sie haben in Bockenheim studiert. Wie viel haben Sie vom »richtigen Studentenleben« mitbekommen?
Ich habe viel gelernt und wenig bis kaum Party gemacht, daher nicht viel, würde ich sagen.
Was würden Sie heutigen Informatikstudenten raten?
Glaube an das Prinzip der Leistungsgesellschaft und macht etwas Außergewöhnliches aus eurem Leben!
Welche Vorzüge hat die Goethe-Uni gegenüber anderen Hochschulen, die Sie inzwischen kennen? Und welche Nachteile?
Ich muss zugeben, dass ich nicht unbedingt sehr vertraut bin mit anderen deutschen Hochschulen. Verglichen mit chinesischen oder amerikanischen Hochschulen sind natürlich die niedrigen Studiengebühren ein klarer Vorzug. Das ermöglicht allen Studierwilligen den Zugang zum Studium. Als Nachteil würde ich sagen, dass die Goethe-Uni mehr mit Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen kooperieren könnte, um Research- Themen nicht nur aus der akademischen Sicht zu betrachten. Die University of Stanford unterhält beispielsweise das SRI International (Stanford Research Institute), woraus viele Unternehmen entstanden, von denen manche auch an größere Firmen verkauft wurden. Die Firma Siri Inc. zum Beispiel wurde später von Apple übernommen. Diese Struktur verbindet zum einen die Akademie mit Unternehmen, um Forschungsergebnisse in der Wirtschaft praxisrelevanter zu machen, zum anderen bringt es der Uni auch supplementäre wirtschaftliche Erlöse durch Beteiligungen an den daraus entstehenden Unternehmen.
Sie fördern zunächst die Schülerlabore der Goethe-Universität. Warum haben Sie sich gerade dieses Projekt ausgesucht und dürfen wir in der nächsten Zeit mit einem Besuch von Ihnen rechnen?
Ich bin ein großer Menschenfreund. Bildung ist ein elementarer Teil meiner philanthropischen Strategie. Mit dem Schülerlabor können wir schon sehr früh die Interessen der Jugendlichen wecken, sich mit den Herausforderungen und Problemen unseres Jahrhunderts auseinanderzusetzen. Ein Besuch nach Deutschland ist für mich Anfang des neuen Jahres 2017 geplant, und es würde mich extrem freuen, wieder an der Goethe-Uni zu sein.
Haben Sie einen Wahlspruch?
Play hard, work harder!
(Die Fragen stellte Anke Sauter)
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 34 des Alumni-Magazins Einblick erschienen.