Schlaganfälle heilen, künstliche Intelligenz nutzen

Prof. Elke Hattingen ist neue Direktorin des
Instituts für Neuroradiologie. Bild: UKF

Im Juni hat Prof. Elke Hattingen die Leitung des Instituts für Neuroradiologie der Universitätsmedizin Frankfurt übernommen. Sie möchte die Qualität der Versorgung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen noch weiter steigern. 

Hirntumore, neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson, aber auch entzündliche Hirnkrankheiten wie die Enzephalitis – bei allen kann eine frühzeitige Erkennung entscheidend für den Erfolg der Therapie sein. Ein neuer Ansatz hierfür ist die Diagnose über die Darstellung des Stoffwechsels im menschlichen Gehirn mithilfe moderner Bildgebungsverfahren. Prof. Elke Hattingen ist Expertin für diese sogenannten metabolischen Verfahren und kürzlich vom Universitätsklinikum Bonn, wo sie die Neuroradiologie leitete, als Direktorin ans Institut für Neuroradiologie der Universitätsmedizin Frankfurt gewechselt. Neben umfangreicher Erfahrung in der Bildgebung der vielfältigen Erkrankungen des Nervensystems ist sie ebenfalls in den neuroradiologischen Verfahren zur Behandlung von Hirngefäßerkrankungen versiert.

So werden am Institut für Neuroradiologie beispielsweise bahnbrechende Methoden zur Behandlung von Schlaganfallpatienten eingesetzt, die es ermöglichen schlaganfallsbedingte Lähmungen gänzlich zu heilen. Und: Es gibt Ansätze, künstliche Intelligenz zukünftig in Diagnose und Therapie neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen gewinnbringend einzusetzen.

Schlaganfallpatienten heilen

Der Schlaganfall ist eine Hauptursache von chronischer Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Erwachsenenalter. Bei zu später oder ungenügender Therapie führt er zu bleibenden Lähmungen und anderen schweren Defiziten der Sprache, des Sehens, der Wahrnehmung oder des Bewusstseins. Um Patienten mit Schlaganfall vor solchen bleibenden Hirnschäden – mit möglicherweise fatalen Folgen – zu bewahren, hat das Institut für Neuroradiologie bereits seit 2006 aktiv an der Erforschung wirksamer Behandlungsmethoden mitgewirkt. Auch bei den neuesten internationalen Studien zur Schlaganfallbehandlung war Frankfurt wesentlich beteiligt.

Diese zeigen nun Erfolg: Wenn die Schlaganfallpatienten rechtzeitig in die Universitätsmedizin Frankfurt kommen, können viele von ihnen heute vollständig geheilt werden, indem das für die Störungen verantwortliche Blutgerinnsel mit Kathetertechniken direkt aus dem verstopften Hirngefäß geborgen wird. Dafür muss der Schädel nicht einmal operativ geöffnet werden.

Um eine bestmögliche Behandlung von Schlaganfallpatienten, auch an Wochenend- und Feiertagen zu gewährleisten, stehen die erfahrenen Ärzte am Institut für Neuroradiologie unter der Direktion von Prof. Hattingen zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit.

Zukunftsthema künstliche Intelligenz

Neben der Hirnforschung allgemein ist ein Zukunftsthema auch in der Neuroradiologie die künstliche Intelligenz – sie wird die neuroradiologische Diagnostik und die Hirnforschung in den nächsten Jahrzehnten tiefgreifend verändern. Prof. Hattingen möchte maßgeblich an der Entwicklung neuer computerisierter Diagnostik mitwirken, indem sie als Expertin moderner
Bildgebungsverfahren ein Forscherteam aus Neurowissenschaftlern, Grundlagenforschern, Informatikern und Physikern aufbaut. Mithilfe der künstlichen Intelligenz lässt sich aus der Fülle von bildgebenden Daten ein individueller „Fingerabdruck“ für jeden Patienten erstellen, der möglicherweise Rückschlüsse auf seine Erkrankung, die beste mögliche Therapie und den Behandlungserfolg unter Therapie zulässt. Eine solche individualisierte Medizin
verspricht effektiver und erfolgreicher zu sein als die bisherigen Diagnose- und Therapiemethoden.

Einzigartige Expertise bei komplexen Hirngefäßerkrankungen

Darüber hinaus umfasst das Leistungsspektrum des Instituts für Neuroradiologie die gesamte Diagnostik aller Erkrankungen des Nervensystems und die vielfältigen Behandlungsmethoden von Hirngefäßerkrankungen, den sogenannten neuroradiologischen Interventionen. Diese werden im Institut für Neuroradiologie mit den modernsten Methoden durch ein Team exzellenter, ausgewiesener Experten behandelt. Deren über 15-jährige Expertise ist in der Region einzigartig.

Entsprechend beteiligt sich das Institut für Neuroradiologie auch am Hirngefäßzentrum der Universitätsmedizin, das von den Kliniken für Neurochirurgie und Neurologie und dem Institut für Neuroradiologie in Kooperation mit der Klinik für Gefäß- und Endovascularchirurgie koordiniert wird. Hier werden schon seit zehn Jahren Hirnaneurysmen, also Aussackungen
in den Gefäßen, deren Platzen lebensgefährlich ist, aber auch komplexe Gefäßmissbildungen wie Kurzschlüsse zwischen Arterien und Venen behandelt.

Weitere Schwerpunkte der neurologischen Disziplinen der Universitätsmedizin Frankfurt sind neben dem Hirngefäßzentrum die Neuroonkologie und die Epileptologie. Auch hier ist die Neuroradiologie mit ihren modernsten Methoden struktureller und funktioneller Diagnostik eine wesentliche Schnittstelle, die eine bestmögliche Behandlung der Patienten gewährleistet.

Erfolgreich durch interdisziplinäre Teamarbeit und Spezialistentum

Für eine optimierte Patientenversorgung und -sicherheit legt Prof. Hattingen besonderen Wert auf wöchentliche interdisziplinäre Fallkonferenzen und tägliche Befunddemonstrationen. Zusammen mit der Neurochirurgie unter der Direktion von Prof. Volker Seifert und den erfahrenen Kollegen des Saphir Radiochirurgiezentrums wird jeder Patient interdisziplinär besprochen und entsprechend neurochirurgisch, radiochirurgisch, neurointerventionell oder auch mit einer Kombination der Ansätze behandelt. Diese interdisziplinäre Teamarbeit wird seit Jahrzehnten von den neurologischen Disziplinen der Universitätsmedizin Frankfurt gelebt und gepflegt. Ärzte, Fach- und Pflegekräfte der Neurologie und Neurochirurgie sind dabei ebenso wichtig wie die Neuroradiologen und die spezialisierten medizinisch-technischen Radiologieassistenten des Instituts.

Alle an der Universitätsmedizin behandelten Patienten mit neurologischen Erkrankungen werden dort auch nachbetreut, sodass während der gesamten Behandlung Kontinuität und Qualität sichergestellt werden können. Das gilt insbesondere auch für Patienten mit Hirntumoren, mit Epilepsie und junge Patienten bereits ab dem Säuglingsalter. Sie werden regelmäßig in den entsprechenden Spezialambulanzen kontrolliert und betreut. Die Anbindung dieser oft chronisch über viele Jahre erkrankten Patienten ist ein besonderes
Anliegen von Prof. Hattingen.

„Neue Behandlungsmethoden für Erkrankungen vor allem der Hirngefäße und Fortschritte im Bereich der Hirnforschung bieten uns heute zahlreiche neue Möglichkeiten, die Qualität der Versorgung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen noch weiter zu steigern. Die Neuroradiologie ist als Schnittstelle vieler anderer Fächer besonders anspruchsvoll und besonders spannend zugleich. Dafür möchte ich schon frühzeitig in Studium und Facharztausbildung begeistern. Das Patientenwohl hat aber nicht nur in der Zukunft, sondern auch in der Gegenwart höchste Priorität für mich. Das Institut für Neuroradiologie hat als erste Neuroradiologie in Deutschland Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001 etabliert. Diese hohen Prozessstandards gedenke ich nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern wegweisend weiterzuentwickeln“, erklärt Prof. Hattingen.

Zentrale Stationen und Kennzahlen

Prof. Elke Hattingen kann bereits auf eine Reihe eindrucksvoller Stationen in ihrer Karriere zurückblicken. Nach ihrem Medizinstudium und der Dissertation an der Universität Freiburg arbeitete sie zunächst als Assistenzärztin in der Neurologie und anschließend in der Neurochirurgie des Städtischen Klinikums Karlsruhe. Nach dieser fundierten klinischen Ausbildung wechselte sie in die Radiologie, wo sie insbesondere in der Radiologischen Klinik der Universität Bonn wissenschaftlich und klinisch tätig war. Nach Abschluss ihrer Facharztausbildung im Fach Radiologie erhielt sie ihre neuroradiologische Ausbildung in Bonn und Frankfurt. In Frankfurt erfolgte 2008 die Habilitation. 2014 wurde sie dann an die Universität Bonn berufen und leitete dort die Neuroradiologie.

Prof. Elke Hattingen hat die neuroradiologische Bildgebung der Hirntumoren mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten wesentlich vorangetrieben und in die klinische Versorgung der Patienten integrieren können. Dazu gehören funktionelle MRTMethoden, die durch ihren Einsatz ein wesentlicher Teil der neurochirurgischen Operationsplanung geworden sind und somit direkt der Patientenversorgung zugutekommen. Prof. Hattingen ist Mitglied in zahlreichen nationalen Gremien, Gutachterin verschiedener internationaler Fachjournale und hat über 200 Publikationen veröffentlicht. Sie ist Mitherausgeberin der meistgelesenen radiologischen nationalen Fachzeitschrift und hat zwei Fachbücher herausgegeben. Bei drei weiteren Fachbüchern ist sie Mitautorin. Seit 2014 verfügt sie über die Weiterbildungsermächtigung für Neuroradiologie.

Quelle: Pressemitteilung der Universitätsklinik Frankfurt

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