Als die Existenz der Psychotherapeutischen Beratungsstelle für Studierende an der Goethe-Universität bedroht schien, da machte sich die Ehrensenatorin Renate von Metzler für diese wichtige Anlaufstelle für Studierende in schwierigen Lebenssituationen stark – mit Erfolg: Inzwischen nutzen jährlich mehr als 400 Ratsuchende dieses Angebot, damit hat sich ihre Zahl in kurzer Zeit verdoppelt. Ohne die „Anschubfinanzierung“ der Freunde und Förderer von 35.000 Euro wäre dies nicht so einfach möglich gewesen.
Ein Mittwoch im September, morgens um 11 Uhr im Sozialzentrum/ Neue Mensa, Campus Bockenheim, das Gebäude eher öde, verblichener Charme der Siebziger. Der Weg zum Aufzug ist nicht so leicht zu finden, im fünften Stock den Schildern folgend taucht eher zufällig eine Metalltür mit Knauf auf – fest drücken, Eintritt in die Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende. Die beiden Psychotherapeutinnen Dr. Andrea Wirth und Dr. Claudia Lazanowski schaffen in den funktionalen Räumen eine wohltuende Willkommensatmosphäre. Sie machen das Beste aus ihrer Randlage, bevor irgendwann der Umzug auf den Campus Westend ansteht – an einen Ort mit stärkerer Sichtbarkeit!
Die beiden Therapeutinnen sind erleichtert, dass die Beratungsstelle endlich fest in der Uni etabliert ist. 2010 wurde Renate von Metzler, Ehrensenatorin der Goethe-Uni, durch Prof. Dr. Wolf Singer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, auf die desolate Situation der Beratungsstelle aufmerksam: Sie war in der Nach- 68er-Zeit mit vier Vollzeit-Stellen – organisatorisch zur Psychosomatischen Klinik der Uniklinikums gehörend – auf dem Campus Bockenheim eingerichtet worden, Schwerpunkt war die psychoanalytisch ausgerichtete Therapie. Im Laufe des letzten Jahrzehntes – inzwischen wurde die Stelle nicht mehr von der Psychosomatischen, sondern der Psychiatrischen Klinik geleitet – wurden ihr so viele Stellen entzogen, dass 2009/10 das Aus drohte. Im Zusammenwirken gelang Renate von Metzler, dem Prä- sidium der Universität und Michael Gerhard vom Studien-Service-Center ein Neustart: Die Beratungsstelle wurde – wenn auch zunächst nur in Minimalbesetzung – in das Studien-Service-Center eingegliedert und war gerettet.
„Das kann doch wohl nicht wahr sein, dass eine der größten Universitäten Deutschlands mit internationalem Renommee sich nicht um die drängenden psychischen Probleme ihrer Studierenden kümmert“, so sah Renate von Metzler 2010 die Situation und suchte das Gespräch mit der letzten verbliebenen, in Teilzeit arbeitenden Therapeutin Claudia Lazanowski. Über drei Jahre bewilligte die Freundesvereinigung jeweils 4800 Euro, um die Beratungsstelle zu stärken – insbesondere, um eine Supervision zu finanzieren. 2016 nutzte Renate von Metzler das Konzert anlässlich ihres 75. Geburtstags, um für die Unterstützung dieser Beratungsstelle zu werben. „Mir war etwas mulmig, weil ich nicht wusste, wie es ankommt, Geld für ein solches Projekt und nicht für die Förderung von Spitzenforschung zu erbitten. Aber es war mir ein echtes Herzensanliegen“, so die Ehrensenatorin – und ihr Plan ging auf: Über 20.000 Euro, mit einem nicht unerheblichen Anteil von Renate und Friederich von Metzler, kamen an diesem Abend zusammen. Und auch die Resonanz der Gäste war sehr positiv: „Gerade Mütter, deren Kinder als Studierende mit Problemen zu kämpfen hatten, fanden es eine tolle Sache, dass wir die Beratungsstelle unterstützen“, sagt Renate von Metzler.
Beratungsstelle heute mit erweitertem Angebot
Mit den Spenden konnte die Beratungsstelle, die inzwischen auch vonseiten der Uni mit Teilzeitstellen für drei weitere psychotherapeutische Beraterinnen aufgestockt wurde, ihr Angebot sowohl in der Einzelberatung als auch mit Kursen zur Stressbewältigung und gegen Aufschieberitis im Studienalltag ergänzen. „So sind wir bei den Studierenden, aber auch bei Kooperationspartnern deutlich sichtbarer geworden“, sagt Andrea Wirth, die seit April die Beratungsstelle leitet. Der positive Effekt: Zwei Krankenkassen (AOK und TK) finanzieren in diesem Wintersemester insgesamt zwölf zusätzliche Gruppenangebote. Das „Kerngeschäft“ bleiben persönliche Einzelgespräche: Oft sind die Psychotherapeutinnen erste Anlaufstelle für Studierende in seelischen Nöten und mit psychischen Problemen – ein bewusst „niederschwelliges Angebot“, das hilft, die Hemmschwelle zur professionellen Hilfe zu überwinden. „Wir klären zusammen mit den Betroffenen, was das Problem ist, wie die nächsten Schritte aussehen könnten“, erläutert Claudia Lazanowski, die tiefenpsychologisch ausgerichtet ist, während ihre Kolleginnen verhaltenstherapeutisch arbeiten.
Sie hat in über 20 Berufsjahren festgestellt, dass junge Erwachsene heute stärker nach Orientierung suchen. Trotz vielfältiger Hilfsangebote fällt es Studienanfängern schwerer als noch vor zehn Jahren, sich in ihrem neuen Alltagsleben zurechtzufinden. „Dabei ist auch die Loslösung vom Elternhaus ein wichtiges Thema“, sagt die Therapeutin und nennt ein Beispiel: „Eine Studentin ist nicht sicher, ob das gewählte Studienfach wirklich zu ihr passt. Sie traut sich nicht, mit ihren Eltern darüber zu sprechen – weil dieses Fach doch auch der Wunsch der Eltern war. Das belastet sie so schwer, dass sie nicht konstruktiv über Alternativen nachdenken kann.“ Nicht selten geht es in den Gesprächen darum, dass die Studierenden ihre eigene Position finden – sich selbst und anderen gegenüber. Häufig lassen sich schon in wenigen Gesprächen mit den Ratsuchenden neue Denkanstöße geben und Impulse setzen.
„Wir können keine Therapien anbieten, geben aber Hinweise und arbeiten mit einem Netz von Therapeuten, Ärzten und Einrichtungen zusammen“, ergänzt Andrea Wirth. Und dieses Netz wird seit einigen Monaten dichter geknüpft: Dazu gehören die christlichen Studierendengemeinden ebenso wie die Psychosoziale Beratung des Studentenwerks, die Fachberatungen für Studienfragen und der Verein „Nightline“. „Wenn wir mit unserer Unterstützung auch dieses Zusammenspiel anstoßen konnten, dann freut es mich besonders“ – so Renate von Metzler. Jetzt fehlen noch einladendere Räume – mit niedriger Schwelle – auf dem Campus Westend.
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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 5.17 (PDF-Download) des UniReport erschienen.