Hier werden Sprachen, Literaturen, Medien und Kulturen erforscht und vermittelt: Der Fachbereich Neuere Philologien holt die Welt in den Hörsaal. Die internationale Vernetzung aller Fächer spielt dabei eine große Rolle.
Hat er mal am Fachbereich studiert, der Fußballtrainer Jürgen Klopp? Wenn er denn da war: Alles ewig her und auch nicht wichtig. Für den Fachbereich Neuere Philologien (FB 10) zählt, dass »die heutigen Studierenden da sind«; nicht nur in Frankfurt, sondern auch in den Ländern, mit deren Sprachen und Kulturen sie sich während ihres Studiums auseinandersetzen.
Der Fachbereich ist stolz auf seine neugierigen und aktiven Studierenden, denen er bei ihrer Entwicklung zur Seite stehen will. »Die Welt in den Hörsaal holen« – so beschreibt Ute Dettmar, Studiendekanin und Professorin für Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft, das gemeinsame Anliegen der unter dem Dach des FB 10 vereinten sechs Disziplinen Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Amerikanistik/ Anglistik, Germanistik, Romanistik, Skandinavistik und Theater-, Film- und Medienwissenschaft.
Und über den Hörsaal soll die Welt später auch ins Klassenzimmer kommen, denn mehr als ein Drittel der Studierenden am Fachbereich wollen später Lehrerinnen und Lehrer werden. Damit die Welt in die Köpfe der Studierenden kommt, ist der Fachbereich international vernetzt. Alle Fächer pflegen intensive Kontakte zu Lern- und Forschungsinstitutionen im Ausland.
Gleich vier Double-Degree-Programme bietet der Fachbereich gemeinsam mit ausländischen Universitäten an, darunter zwei binationale Masterprogramme in der Romanistik mit Venedig und Braga (Portugal) sowie zwei internationale Master in der Theater- und in der Filmwissenschaft u.a. mit Universitäten in Belgien, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden. Wer eines dieser Programme studiert, verbringt zwei Semester an der Goethe-Universität und zwei Semester an einer Partneruniversität im Ausland.
Die Entwicklung dieser Studiengänge war eine Kraftanstrengung für die Beteiligten: »Wir haben wirklich Neuland betreten«, erinnert sich Esther Rinke, Professorin für Iberoromanische Sprachwissenschaft und Prodekanin. Aber nicht nur hier hat sich die Mühe gelohnt, um den Studierenden eine gute Ausbildung bieten zu können. Angehende Englischlehrerinnen und Englischlehrer beispielsweise haben die Möglichkeit, an britischen Schulen wie Eton und St. Paul’s in London als Teaching Assistant in die Sprache einzutauchen und ihre interkulturellen Kompetenzen zu schärfen.
Das ist nicht nur gut für die persönliche Entwicklung, sondern hilft auch bei der späteren Stellensuche und bei der Arbeit in der Schule, wo die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit ausländischen Wurzeln steigt. Nicht nur Mehrsprachigkeit ist ein Forschungsschwerpunkt des Fachbereichs – es wird zu Sprach-, Schrift- und Literaturerwerb, zu Gegenwartsliteratur und Filmkulturen, zu Theater und Medien, zum Kulturkontakt, zur theoretischen Linguistik und über vieles mehr geforscht.
Interdisziplinär, interkulturell und vielfältig
Der Begriff »Philologie« im Namen des Fachbereichs leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet wörtlich »Freundschaft zum Wort«, übertragen bezeichnet der Begriff Wissenschaften, die sich mit Sprachen, Texten, Medien und Kulturen auseinandersetzen. Dabei greifen die verschiedenen Disziplinen ganz unterschiedlich auf ihre Forschungsthemen zu. »Am Fachbereich wird ein weiter Kultur- und Textbegriff vertreten«, wie die Dekanin und Professorin für Didaktik der englischen Sprache und Literatur, Britta Viebrock, erklärt.
»Wir sind stolz auf unsere Vielfalt und auf jedes unserer Fächer. Wir sind zum Beispiel einer der wenigen Standorte für ›Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft‹, und unser ›Institut für Jugendbuchforschung‹ mit seiner großen Forschungsbibliothek ist im deutschsprachigen Raum einzigartig.« Der Fachbereich beheimatet weiter auch bedeutende Sammlungen: Es gibt u.a. ein Literaturarchiv, ein Comicarchiv, aber auch ein Filmarchiv mit 16-Millimeter-Unikaten aus der Frühzeit des Kinos und eine Sammlung zur neuzeitlichen Rezeption nordischer Mythologie in Literatur, Kunst und Alltagskultur.
Die Fächer des Fachbereichs arbeiten breit zusammen, was sich auch in interdisziplinären Forschungskooperationen und Studienangeboten widerspiegelt. So bieten beispielsweise die Anglistik und die Romanistik einen gemeinsamen Master »Moving Cultures« an, der den transkulturellen Austausch in den Mittelpunkt stellt. Für interdisziplinäre Strukturen steht auch das Verbundprojekt »Afrikas Asiatische Optionen« (AFRASO), das die Beziehungen beider Kontinente untersucht.
Im Projekt LEVEL – Lehrerbildung vernetzt entwickeln – haben sich verschiedene Institute des FB 10 mit anderen Fächergruppen der Goethe-Universität zusammengetan, um innovative Lehr- und Lern-Formate zu erforschen. Die Frankfurter Sprachwissenschaft erforscht die Struktur, Bedeutung und den Erwerb von Relativsätzen im Rahmen einer DFG-geförderten Forschergruppe.
Zur Nachwuchsförderung konnten das von der VW-Stiftung finanzierte Graduiertenkolleg »Schreibszene Frankfurt. Poetik, Publizistik und Performanz von Gegenwartsliteratur « (Literaturwissenschaft) sowie die DFG-Graduiertenkollegs »Konfigurationen des Films« (Filmwissenschaft) und »Nominale Modifikation« (Sprachwissenschaft) eingeworben werden.
Engagement für die Stadtgesellschaft
Wichtig ist es dem Fachbereich auch, über umfangreiche Kooperationen in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken: Seit 1959 stellt eine Autorin oder ein Autor jedes Semester im Rahmen der Frankfurter Poetikvorlesung ihre/seine Sicht auf das literarische Schreiben dar. Für die Märchen- und Kinder- und Jugendliteraturforschung wurde in Zusammenarbeit mit der Stadt Hanau im letzten Jahr analog die »Grimm- Bürgerdozentur« eingerichtet.
Die Germanistik veranstaltet jedes Jahr eine Goethe-Ringvorlesung (nicht nur zu Goethe), die dieses Semester im Museum Giersch stattfindet. Dazu gibt es regelmäßige Ringvorlesungen zu unterschiedlichen Themen, die z.B. immer neue Blicke auf den literarischen Kanon werfen oder sich mit der These auseinandersetzen, ob »Denken durch den Magen geht«.
Es gibt Filmreihen zusammen mit dem am Mainufer ansässigen Filmmuseum, »Kracauer Lectures« in Erinnerung an den in Frankfurt geborenen Soziologen und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer (1889-1966) und Hölderlin-Gastvorträge in Allgemeiner und Vergleichender Theaterwissenschaft.
Zusammenarbeit auf allen Ebenen
»Freunde des Worts« (in vielerlei Gestalt) finden am Fachbereich 10 einen Platz, und Freude am Wort will der Fachbereich auch über das bei ihm angesiedelte »Schreibzentrum « weitergeben. Studierende aller Fachbereiche werden dort beim Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten beraten, im Peer-Tutorenprogramm unterstützen sich die Studierenden gegenseitig.
Auch wenn der Fachbereich vor Herausforderungen wie dem knappen Budget und der wachsenden Zahl von Studierenden steht, so passiert doch viel – und so soll es auch sein. »Wir wollen für die Wissenschaft und die Entwicklung unserer Fächer das gute Alte bewahren, Neues entdecken und uns dabei weiterentwickeln. Für neue Angebote setzen wir auf die, die bei uns arbeiten.
Universitäten sind Expertenorganisationen – und die Experten wissen am besten, was gut für das Fach und die Lehre ist. Wir vertrauen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und profitieren vom guten Klima und dem kollegialen Austausch«, betont Dekanin Britta Viebrock.
[Autorin: Monika Hillemacher]
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Die neun Institute des Fachbereichs Neuere Philologien
Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft • Institut für England- und Amerikastudien • Institut für Romanische Sprachen und Literaturen • Institut für Skandinavistik • Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft
Lehreinheit Deutsch/Germanistik
Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik • Institut für Psycholinguistik und Didaktik der deutschen Sprache • Institut für Linguistik • Institut für Jugendbuchforschung
Mitarbeiter: 45 Professorinnen/Professoren, 180 wissenschaftliche Mitarbeitende in Voll- und Teilzeit
Studierendenzahlen: 5.631 Köpfe, zirka 9.430 Fälle
Drittmitteleinwerbung im Jahr 2016: ca. 4,1 Mio. Euro
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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.17 der Mitarbeiterzeitung GoetheSpektrum erschienen.