
Am 1. Oktober 2024 wurde der vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gestiftete Preis für internationale Studierende mit herausragenden akademischen Leistungen und bemerkenswertem sozialem und gesellschaftlichem Engagement an den Masterstudenten im Fach Dramaturgie Aria Baghestani aus Teheran (Iran) vergeben. Der mit 1000 Euro geförderte DAAD-Preis wird von der Goethe-Universität seit 2002 jährlich an herausragende internationale Studierende verliehen, die einen besonderen Beitrag zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben in und außerhalb der Universität leisten.
Aria Baghestani wurde nach seinem Bachelorabschluss in Dramatic Literature an der Universität Teheran als internationaler Student das Studium im selektiven Double-Degree-Masterprogramm für Comparative Dramaturgy and Performance Research am Fachbereich 10, Neuere Philologien an der Goethe-Universität aufgenommen. Nach für Studienbewerber*innen aus dem Iran leider nicht unüblichen Visaproblemen und zwei Fachsemestern intensiven Sprachstudiums war es ihm möglich, in den deutschsprachigen Masterstudiengang Dramaturgie zu wechseln und dessen hohe Sprachanforderungen zu bestehen. Im Januar 2024 schloss er sein Studium mit Bestnote ab und befindet sich derzeit in der Vorbereitung seiner Promotion.
Der nominierende Prof. Dr. Nikolaus Müller-Schöll (Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft (TFM)) würdigt Baghestanis Fachkompetenz und sein Talent ebenso wie sein umfassendes soziales und künstlerisches Engagement: So zeige der Preisträger herausragende Fähigkeiten als Künstler, Schriftsteller, Dramaturg und Wissenschaftler. Akademisch befasst sich Aria Baghestani in seiner Abschlussarbeit auf einer hochtheoretischen Ebene mit gegenwärtigen Praktiken im Bereich der Darstellenden Künste. Dabei setze er sich mit der Frage Walter Benjamins auseinander, ob und wie das Erzählen heute noch möglich ist, wobei er zum expliziten Ausgangspunkt die von Benjamin konstatierte Krise bzw. den Niedergang des Erzählens nehme, um danach zu fragen, was nach dieser Krise aus der Erzählung geworden sei. Die Arbeit entwickelt ausgehend von diesen aufgeworfenen Fragen ihre Einsichten in der Analyse von Arbeiten von Robert Lepage und Walid Ra’ad, Rabih Mroué, Lina Majdalanie sowie Tania El Khoury, zudem werden auch die Überlegungen zum Thema mit einbezogen, die sich bei Philipp Lejeune, Paul de Man und Jacques Derrida finden. Praktische Erfahrungen in Bezug auf sein Studium sammelte er am renommierten Maxim Gorki Theater, wo er seine dramaturgischen Kenntnisse vertiefte.
Doch nicht nur bei der Bearbeitung wissenschaftlicher Fragen zeigt der Preisträger besonderes Talent, er ist auch ein Mensch, der etwas bewegen möchte: In mehreren Projekten beweist er seine organisatorische Begabung und hohe soziale Kompetenz, darunter die Organisation von Festivals wie „Work in Progress“ (WIP), einem Experimentierraum, in dem Arbeiten von Studierenden im Bereich Theater diskutiert und analysiert werden können. Als studentische Hilfskraft unterstützte Baghestani darüber hinaus das Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft und trug mit seinem außergewöhnlichen Engagement und Fachkenntnis maßgeblich zur Optimierung der Ordnung von Sammlungsbeständen von Theateraufzeichnungen bei und leistete damit einen großen Beitrag zur Verbesserung der Studienbedingungen der nachfolgenden Studierendengeneration am TFM.
Zudem engagiert er sich ehrenamtlich für benachteiligte Kinder im Iran und setzt sich in Deutschland für die Rechte von Geflüchteten und die Emanzipation der Roma-Gemeinschaft ein. Seine Aktivitäten, insbesondere in internationalen Workshops und Projekten wie während der Ruhrtriennale, zeugen von seiner sozialen, sprachlichen und fachlichen Kompetenz. Diese setzt er auch professionell bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ein, wobei er dabei eine hohe Awareness bei inter- und transkulturellen Aspekten zeigt.
Prof. Dr. Viera Pirker, Vizepräsidentin für Studium und Lehre, überreichte die Urkunde am 1. Oktober an den Preisträger. Die Preisverleihung war eingebettet in die Orientierungsveranstaltung für internationale Masterstudierende im ersten Fachsemester. Dr. Rebekka Göhring, Leiterin des Bereichs Studium Lehre Internationales, begrüßte die internationalen Studierenden und zahlreiche weitere Gäste aus einschlägigen in- und externen Service- und Beratungsstellen.
Inzwischen strahlen Aria Baghestanis Fähigkeiten über die Goethe-Universität hinaus: Für seine geplante Promotion hat er kürzlich ein Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung erhalten. Der Erhalt des DAAD-Preises kann in dieser Hinsicht erheblich zur Sichtbarkeit seiner Leistungen beigetragen haben.
Susanne Jauernig
Die nächste Ausschreibung des DAAD-Preises für das Jahr 2025 erfolgt im Frühjahr 2025 und der Bereich Studium Lehre Internationales freut sich wieder auf rege Teilnahme an der Nominierung potenzieller Kandidat*innen.