Der Frankfurter Standort des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) hatte zum ersten Termin im neuen Jahr der Reihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ aus dem Frankfurter Transferprojekt „Frankfurt streitet!“ eingeladen. Ende Januar diskutierten Prof. Dr. Daniela Grunow (Goethe-Universität) und Prof. Dr. Andreas Zick (Universität Bielefeld) virtuell über „Neue Konfliktlinien: Polarisiert sich Deutschland?“ Andreas Zick schränkte einleitend sein „ja“ zur Frage ein – Deutschland stehe insgesamt immer noch gut da. Er sieht aber eine innergesellschaftliche Polarisierung, bei der immer mehr Menschen die Gesellschaft im Modus des „Wir“ und „Die“ wahrnähmen; Deutschland sei ein Land, in dem der Anteil vorurteilsbezogener Gewalt recht hoch sei. „Wenn Extremismus aus der Mitte kommt, dann ist das besorgniserregend“, so Zick. Daniela Grunow hielt dagegen: Es gebe keine Evidenz für eine Lagerbildung in der Gesellschaft, wohl aber Sachkonflikte in einzelnen Bereichen. Ob es zu einer zunehmenden Ablehnung politisch Andersdenkender komme, müsste im Rahmen einer langfristigen Trendmessung untersucht werden.
Andreas Zick wies darauf hin, dass für den gesellschaftlichen Zusammenhalt keineswegs „Harmonie“ entscheidend sei; aber ein Kriterium sei, ob der Wandel gut gestaltet werde. Er sehe die Gefahr, dass die Corona-Pandemie nicht richtig aufbereitet werde, wenn man gleich danach zur Klimadebatte übergehe. Daniela Grunow betonte, dass die Gesellschaft auch wieder lernen müsse, andere Meinungen auszuhalten. Das Bild einer Spaltung werde auch über die Medien den „Normalbürgern“ vermittelt. Forscher*innen sollten sich gut überlegen, vor welchen Karren sie sich spannen lassen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 1/2022 (PDF) des UniReport erschienen.