Erstes Tenure-Track-Treffen der Rhein-Main-Universitäten
Wer heute Professorin oder Professor werden will, braucht nicht mehr unbedingt die Habilitation. Gefördert durch ein Bund-Länder-Programm etabliert sich zunehmend ein weiterer Weg über den Tenure Track (TT). Nach einer befristeten Qualifikations- oder Weiterentwicklungszeit gibt es die Aussicht auf eine Lebenszeitprofessur. Am 19. Februar gab es nun ein erstes Tenure-Track-Vernetzungstreffen der Rhein-Main-Universitäten mit viel Raum zum Austausch. Weitere Maßnahmen für die Gruppe der Early Career Researchers sind geplant.
„Die Idee war, diese Gruppe mit all ihren Besonderheiten zusammenzubringen und ihnen Raum zu geben für den Austausch“, sagt Dr. Nicole Thaller, Referentin für Hochschulentwicklung im Präsidialbüro, und wird hierin von Prof. Dr. Rolf van Dick, Vizepräsident für Internationalisierung, Nachwuchs, Gleichstellung und Diversity bestärkt. Die Universitäten der Rhein-Main-Allianz – neben der Goethe-Universität gehören die TU Darmstadt und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz dazu – entschieden sich, das Treffen gemeinsam auszurichten, um eine stärkere Vernetzung der Tenure Track-Kandidaten zwischen den RMU-Universitäten zu ermöglichen.
Bei dem Treffen in Darmstadt kamen 23 Personen zusammen. Bereits in der strukturierten Kennenlernrunde ergaben sich inhaltliche Verknüpfungspunkte; im weiteren Verlauf wurde der Grundstein für weitere Vernetzung und Kooperation gelegt. „Der Austausch war sehr lebendig, viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben uns direkt zurückgemeldet, dass sie auf eine Wiederholung hoffen – das hat uns als Veranstalterinnen natürlich sehr gefreut“, erzählt Nicole Thaller. In einer Vorababfrage hatten die TT-Wissenschaftler sich Impulsvorträge aus dem Kollegenkreis gewünscht. Für die Goethe-Universität war Juniorprofessorin Dr. Simone Wies als Referentin dabei. In ihrem Vortrag gab sie Einblick in die Stationen auf ihrem Weg bis zum erfolgreichen Abschluss des Tenure-Track-Verfahrens im vergangenen Jahr. „Ich hatte großes Glück: Mein Verfahren lief absolut reibungslos, ich wusste jederzeit, an wen ich mich bei Fragen wenden konnte, und wurde ganz hervorragend von meiner Abteilung und dem Dekanat unterstützt. Das hat mir sehr geholfen“, blickt die Wirtschaftswissenschaftlerin zurück. Ihre Botschaft an diejenigen, die sich jetzt im Tenure-Track-Prozess befinden: „Wir gehören zu den ersten in Deutschland, die die Chance dazu haben—machen wir was draus!“
„Was Gespräche mit TT-Kandidatinnen und -Kandidaten zeigen, ist, dass der Tenure Track von vielen als echte Chance begriffen wird und sie sich ihrer Pionierrolle mit all ihren Herausforderungen sehr bewusst sind“, führt Nicole Thaller aus. „Ein wichtiger Punkt für unsere Weiterentwicklung wissenschaftlicher Karrierewege ist die gute Zusammenarbeit und konkrete Rückkopplung mit den Kolleginnen der Berufungsabteilung“
Das Vernetzungstreffen ist ein Baustein innerhalb der Gesamtstrategie, mit der die Goethe-Universität Early Career Researchers verstärkt in den Blick nimmt. „Wir arbeiten aktuell daran, unsere Angebote für die Doktoranden und Postdoktoranden sichtbarer zu machen, und prüfen gleichzeitig, wo unsere wissenschaftlichen Personalstrukturen und entsprechenden Karrierepfade möglicherweise neu gedacht werden müssen“, erklärt Vizepräsident van Dick. Um diese Ziele zu verfolgen, wird eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der, Nachwuchswissenschaftler, der Senatskommission für Early Career Researcher, Fachabteilungen und dem Präsidium gegründet.
Nächster Stopp: Berlin
Auf Bundesebene wird das Thema Ende September in Berlin diskutiert werden: Die Goethe-Universität wurde angefragt, gemeinsam mit vier anderen Universitäten eine große Tagung zur strategischen Nachwuchsarbeit auszurichten. „Die Bundesforschungsministerin hat ihre Teilnahme schon zugesagt“, freut sich Nicole Thaller. Es wird darum gehen, im Netzwerk voneinander zu lernen, das Thema auf die politische Agenda zu setzen, die großen Forschungsförderorganisationen einzubinden und die Thematik insgesamt auf bundesdeutscher Ebene voranzubringen: Wie ist beispielsweise die TT-Förderung in die jeweilige Landesgesetzgebung eingebettet und zu welchen Unterschieden führt dies? Bei der Tagung soll es aber auch darum gehen, wie eine Erweiterung der bisherigen Karrierepfade zum Beispiel in Form neuer Stellenkategorien für Nachwuchswissenschaftler aussehen könnte und welche Personalprofile die Universität der Zukunft benötigt.
„Das Instrument des Tenure Track muss stimmig in unser Gesamtsystem eingeordnet werden – Schnittstellen ergeben sich zum Beispiel zum Forschungsprofil der Goethe-Universität“, sagt van Dick und fährt fort: „Bei unseren TT-Ausschreibungen verfolgen wir immer auch Ziele wie Internationalisierung und Gleichstellung. Wenn wir damit diese Punkte innerhalb der Universität insgesamt befördern können – umso besser!“
Der Begriff Early Career Researchers kommt aus der EU-Forschungsförderung. Er wird im Deutschen häufig mit Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler in der frühen Karrierephase umschrieben. An der Goethe-Universität sind damit Promovierende und Postdocs, also Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach der Promotion, die eine Professur anstreben, gemeint.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1/20 des Mitarbeitermagazins GoetheSpektrum erschienen.