EU fördert Forschung zu Biotreibstoffen und Infektionskrankheiten

Prof. Ivan Dikic (links) und Prof. Volker Müller.

Zwei ERC-Advanced Investigator Grants des Europäischen Forschungsrats mit je 2,5 Mio. Euro gehen an Forscher der Goethe-Universität Frankfurt. Der Biochemiker und Arzt Prof. Ivan Dikic und der Mikrobiologe Prof. Volker Müller können sich über eine kräftige finanzielle Unterstützung ihrer wegweisenden Forschungsvorhaben freuen.

Umweltfreundliche Treibstoffe

Müller gehört zu den weltweit führenden Mikrobiologen, wenn es um mikrobielle Stoffwechselprozesse in Abwesenheit von Sauerstoff geht. In dem Projekt von Volker Müller geht es um die Herstellung von Biotreibstoffen mithilfe von Bakterien, die Kohlendioxid verarbeiten. Solche Treibstoffe hätten den Vorteil, uns von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen und den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Die Arbeitsgruppe von Prof. Müller vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Goethe-Universität erforscht seit vielen Jahren eine bestimmte Gruppe von Bakterien, die Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) oder Kohlenmonoxid (CO) in einem Fermentationsprozess zu Essigsäure verarbeiten. Dazu benötigen die Bakterien weder Licht noch Sauerstoff.

Zur Gasfermentation von Abgasen werden die sogenannten acetogenen Bakterien bereits im industriellen Maßstab von der amerikanischen Firma LanzaTech eingesetzt. Hier geht es in erster Linie darum, Abgase unschädlich zu machen. Müller koordiniert bereits ein europaweites Konsortium, in dem die Gasfermentation optimiert werden soll. In dem vom ERC geförderten Forschungsprojekt will Müller nun das Potenzial von Acetobacterium woodii weiter ausschöpfen. Das Bakterium verwertet auch Methanol oder Ameisensäure, beides sind kostengünstige Rohstoffe für biotechnologische Anwendungen. Müller will mit seiner Arbeitsgruppe die Stoffwechselwege aufklären und dann verändern. Ziel ist es, acetogene Bakterien gentechnisch so zu modifizieren, dass sie aus verschiedenen Ausgangsstoffen umweltfreundliche Treibstoffe und Basischemikalien in großem Maßstab herstellen können.

Neue Strategien zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten

Der gebürtige Kroate Dikic erhält den ERC Advanced Investigator Grant bereits zum zweiten Mal. Er gehört zu den internationalen Pionieren der Ubiquitin-Forschung. Ubiquitin reguliert viele zelluläre Prozesse; unter anderem steuert es den Abbau überflüssiger oder schädlicher Proteine und die Reparatur fehlerhafter DNA, überträgt Signale innerhalb der Zelle und löst im Notfall den Zelltod aus. Ubiquitin ist deshalb auch ein wichtiges Molekül zur Abwehr bakterieller Infektionen.

In seinem neuen ERC-Projekt erforscht Dikic, wie Bakterien das Ubiquitin-System ihres Wirtsorganismus zu ihrem eigenen Vorteil manipulieren. Im Mittelpunkt stehen dabei Infektionen mit Salmonellen, Shigellen und Legionellen. Dikics Arbeitsgruppe am Institut für Biochemie II sucht unter anderem nach neuen Signalwegen, die durch bakterielle Enzyme aktiviert werden. Zum Einsatz kommen dabei hochauflösende Mikroskopie-Methoden und modernste massenspektrometrische Technologien, die die quantitative Erfassung aller zellulären Proteine und ihrer Ubiquitin-Markierungen ermöglichen. So wollen die Zellbiologen herausfinden, wie verschiedene bakterielle Enzyme die Schwere und den Verlauf einer Infektion beeinflussen und warum es manchmal trotz erfolgreich verlaufender Antibiotikatherapie zu schweren Folgeschäden im Gewebe kommt. Solche Schäden können nicht nur durch bakterielle Toxine verursacht werden, sondern beispielsweise auch durch Signalstoffe, die infolge einer Infektion durch die wirtseigenen Immunzellen ausgeschüttet werden. Diese sekundären Schäden können lebensbedrohlich werden.

In einem zweiten Schritt wollen die Forscher in Dikics Gruppe nach Wirkstoffen suchen, die in das Geschehen eingreifen und insbesondere die Schädigung des Gewebes limitieren. Hierfür arbeitet Dikic mit Pharmapartnern zusammen. Ultimatives Ziel ist es, die Rolle des Ubiquitin-Systems bei bakteriellen Infektionen grundlegend zu verstehen und darauf aufbauend neue Strategien zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu entwickeln.

Quelle: Pressemitteilung vom 10. April 2017

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