Goethe fragt, unsere Wissenschaftler*innen antworten: der Sozialphilosoph Martin Saar

Goethe fragt, unsere Wissenschaftler*innen antworten. Zum Beispiel, warum sie Wissenschaftlerin bzw. Wissenschaftler geworden sind. Und was sie unbedingt noch herausfinden wollen. In der Reihe „Goethe fragt“ stellen wir fortlaufend kluge Köpfe der Goethe-Universität vor. Uns interessiert, woran sie forschen – und wer die Menschen hinter der Forschung sind.  

Name: Martin Saar
Profession: Sozialphilosoph
Arbeitsplatz: Institut für Philosophie

Warum sind Sie Wissenschaftler geworden?

Aus einigen Zufällen heraus, aus Neugier und aus Leidenschaft für Bücher, Gedanken, grundsätzliche Fragen.

Woran arbeiten Sie gerade?

Generell beschäftigen mich zur Zeit der Zusammenhang zwischen der Kritischen Theorie, d.h. den gesellschaftstheoretischen Überlegungen der ‚Frankfurter Schule‘, und klassischen ontologischen Fragen, Fragen nach dem Sein. Hier gibt es mehr Bezüge und Berührungen, als man sich vorstellen könnte, und einige gegenwärtige Theorieentwicklungen (der sog. Neue Materialismus und der „ontological turn“ in den Sozialwissenschaften) machen dieses Thema besonders reizvoll. Im ConTrust-Kontext (das Clusterprojekt ConTrust – Vertrauen im Konflikt. Politisches Zusammenleben unter Bedingungen der Ungewissheit, Red.) interessieren mich Diskussionen um Identität, Identitätspolitik und Identitätszuschreibungen, die ja zu den kontroversesten gesellschaftlichen Themen der Gegenwart gehören und in denen sich der Zusammenhang von Macht und Wissen oder von Konflikt und möglichem oder unmöglichem gesellschaftlichem Vertrauen deutlich zeigt.

Was wollen Sie unbedingt noch herausfinden?

Viele Dinge, in der kurzen Frist will ich aber noch mehr wissen über Möglichkeiten und Chancen, philosophische und soziale Probleme zusammenzudenken.

Wie sieht Ihr idealer Arbeitstag aus?

Je weniger fremdbestimmt, desto besser.

Worauf könnten Sie im Arbeitsalltag gut verzichten?

(Die meisten) Emails.

An meinem Job mag ich

Den ernsthaften Kontakt zu großen, grundsätzlichen, abstrakten Fragen und die Möglichkeit, ihnen mit vielen anderen gemeinsam nachzugehen.

Die Goethe-Uni ist für mich

…ein Ort mit einer großen und verpflichtenden Tradition.

Was sollte die Gesellschaft über Ihre Forschung wissen? Was ist ein häufiges Missverständnis?

Es ist ein Fehler zu glauben, dass abstrakte wissenschaftliche Fragen nichts mit der gesellschaftlichen, historischen, politischen Realität zu tun haben, sie sind von ihr durch und durch bestimmt. Es wäre aber auch ein Fehler zu denken, dass Wissenschaft gesellschaftliche und politische Probleme direkt und unvermittelt lösen können; dazu bedarf es der Transformation in gesellschaftliche und politische Projekte, Initiativen, Mobilisierungen, die eigene Logiken, Legitimitätsbedingungen und Erfolgskriterien haben.

Wie bekommen Sie den Kopf von der Forschung frei?

Im Kino, im Theater, auf dem Spielplatz.

Prof. Dr. Martin Saar gehört dem Clusterprojekt ConTrust an. Das Clusterprojekt erforscht das Wechselspiel von Vertrauen und Misstrauen in Krisen- und Konfliktsituationen.

Mehr Infos
zu Prof. Saars Forschungsthemen finden Sie hier.

Foto: Peter Holl

Relevante Artikel

Mehr Teilhabe für ältere Erwachsene

Goethe-Universität präsentiert partizipative Ansätze in Forschung und Zusammenleben Viele ältere Menschen in unserer Gesellschaft haben das Gefühl, dass ihre Stimmen

Öffentliche Veranstaltungen

Kein Sommermärchen

Der Sportsoziologe Robert Gugutzer hat mit Studierenden das Public Viewing bei der letzten Fußball-EM untersucht. Auch weil die „Atmosphärenprofis“ gefehlt

You cannot copy content of this page