Zelluläre Entsorgung therapeutisch nutzen: Alexandra Stolz erhält Exploration Grant der Boehringer Ingelheim Stiftung

Mit einem „Exploration Grant“ von 161.000 Euro fördert die Boehringer Ingelheim Stiftung ein Projekt von Dr. Alexandra Stolz von der Goethe-Universität. Die Gruppenleiterin am Institut für Biochemie II sucht gemeinsam mit Prof. Jeff Kelly vom Scripps Research Institute im kalifornischen San Diego nach Substanzen, mit denen sich das zelleigene Entgiftungs- und Entsorgungsprogramm gezielt anschalten lässt, um damit vor allem neurodegenerative Krankheiten bekämpfen zu können. Alexandra Stolz ist assoziiert mit dem Clusterprojekt EMTHERA (Emerging Therapies), das von der Goethe-Universität und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz koordiniert wird.

Dr. Alexandra Stolz, Institut für Biochemie II, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: Uwe Dettmar für Goethe-Universität

Gerät das komplexe Regelsystem aus dem Ruder, mit dem die Nervenzelle Signale verarbeitet sowie Wachstums- und Stoffwechselwege orchestriert, kann es zu massiven Störungen des zellulären Gleichgewichts kommen. Nervenzellen nutzen daher ein innerzelluläres Entgiftungs- und Entsorgungsprogramm, um die Folgen solcher Störungen zu beseitigen: die Autophagie. Sie sorgt dafür, dass Verklumpungen von Proteinen beseitigt werden, dass die unter anderem für die Zellmembranen wichtigen fettähnlichen Lipide genau in der benötigten Menge vorhanden sind und dass damit die Signalweiterleitung in den Nervenleitungen (Axonen) weiterhin funktioniert.

Bei neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer-Demenz, Morbus Parkinson und Amyotropher Lateralsklerose funktioniert dieser zelluläre Schutzmechanismus nicht richtig. Prof. Jeff Kelly vom Scripps Research Institute hat daher zusammen mit Dr. Alexandra Stolz und ihrem Team am Institut für Biochemie II der Goethe-Universität in einem sogenannten Hochdurchsatz-Screening rund eine Millionen Substanzen daraufhin untersucht, ob diese möglicherweise die Autophagie aktivieren könnten. 221 der so genannten kleinen Moleküle haben sich dabei als geeignete Kandidaten herausgestellt. Alexandra Stolz erläutert: „In unserem durch den Exploration Grant geförderten Projekt wollen wir jetzt herausfinden, welche dieser Moleküle tatsächlich die Regenation erkrankter Nervenzellen unterstützen und damit als potenzielle Wirkstoffe für spätere Medikamente infrage kommen.“

Dabei haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spezifische Formen der
Autophagie wie die des Endoplasmatischen Retikulums im Blick, eines Membransystems innerhalb der Zelle, das unter anderem in der Proteinherstellung eine zentrale Rolle spielt. Für diese sogenannte ER-Phagie gibt es – im Gegensatz zur Stimulierung des zentralen Autophagie-Signalwegs – bislang kaum spezifisch aktivierende Moleküle.

Die Boehringer Ingelheim Stiftung fördert mit den Exploration Grants jeweils zwei Jahre lang herausragende Grundlagenforscherinnen und –forscher aus Biologie, Chemie und Medizin und gibt ihnen früh in ihrer Karriere die Möglichkeit, neue Forschungsrichtungen auszuloten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können damit neuen Ideen oder überraschenden Ergebnissen nachgehen, die das Potenzial haben, das eigene Forschungsprofil zu ergänzen oder neu auszurichten. Denn oft seien es unerwartete Beobachtungen oder unkonventionelle Ideen, die die Wissenschaft entscheidend weiterbrächten, so die Stiftung.

Hintergrundinformation:
Funktionsweise der ER-Phagie (2023): https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/wenn-die-zelle-sich-selbst-verdaut-wie-sich-neurodegenerative-erkrankungen-entwickeln/

Das Clusterprojekt EMTHERA (Emerging Therapies) sucht nach neuen Ansätzen zur Erforschung von Infektions- und Entzündungskrankheiten sowie Störungen des Immunsystems und zur Entwicklung neuartiger Therapien. EMTHERA ist eine Initiative der Rhein-Main-Universitäten (RMU). https://www.emthera.de/

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