Kommt, Geister

blog_buecher_kommt_geisterIm Sommer 2014 hatte Daniel Kehlmann die Stiftungsgastdozentur für Poetik an der Goethe-Universität inne. Nun erschienen seine fünf Vorlesungen mit einem Shakespeare-Zitat als Titel in der zweiten Auflage.

„Kommt Geister“ ruft der Titel die literarischen Wesen auf, die der Leser nicht mehr loswird. Man wird eingeladen in die Schattenwelten der Weltliteratur.

Angefangen mit dem Schrecken der deutschen Vergangenheit und Serien aus dem Nachkriegsdeutschland der 50er Jahre, beschreibt Kehlmann diese und den Horror des krampfhaften Verdrängens der Gräueltaten aus dem zweiten Weltkrieg.

Weiter schreitet der Autor in die Schauerliteratur hinein. Gespenster, Geister und Gespinste beschwört Kehlmann mit Hilfe von Ingeborg Bachmann, Jeremias Gotthelf, Tolkien, Shakespeare, Grimmelshausen und Leo Perutz.

Der Autor beleuchtet Novellen, Geschichten, Romane, die einen Schrecken hinter- und das Verdrängen schwer werden lassen.

Auf ebendiesen Horror konzentriert er sich: den Horror der Rätselhaftigkeit und des Verdrängens.

Indes verdrängt der Autor seinen eigenen Horror aus Kindheitstagen nicht und geht auf ein Buch ein, das den neunjährigen Daniel Kehlmann nachts nicht schlafen ließ. Mit „Die schwarze Spinne“ von Jeremias Gotthelf beginnt er in seinem Buch, Literatur wie auch zum Beispiel „Der Herr der Ringe“ oder „Macbeth“ zu analysieren und rezensieren.

Dabei gelingt es ihm, die Dramaturgie des Schreckens aus dieser Literatur logisch zu ergründen. Der Leser bleibt dabei auch nicht vor dem Schattenreich zwischen Leben und Tod, Traum und Realität verschont.

Ingeborg Bachmann, die 1959 die erste Gastdozentur für Poetik an der Goethe-Universität übernahm, vertrat die Ansicht, dass man als Schriftsteller in seinen Werken viel mehr Auskunft über sich gibt, als in einem Tagebuch. Kehlmann bezieht sich in seinem Werk auf ebendiese Ansicht und lebt sie aus, indem auch er Auskunft über sich gibt, versteckt in den Zeilen seines Buches.

Daniel Kehlmann war im Sommer 2014 Poetikdozent an der Goethe-Universität.

[dt_call_to_action content_size=”small” background=”fancy” line=”true” style=”1″ animation=”fadeIn”]

Daniel Kehlmann

Kommt, Geister

Rowohlt 2015, Hamburg

169 Seiten, Hardcover, 19,95 Euro

 

[/dt_call_to_action]

Relevante Artikel

Öffentliche Veranstaltungen

Es gibt nicht nur die „eine“ Zukunft

Julia Schubert und Steven Gonzalez forschen als Postdocs im interdisziplinären Graduiertenkolleg „Fixing Futures“ und fragen: Was machen Zukunftsvisionen mit dem

Neue Grundlage für die Hitler-Forschung

DFG-Projekt „Edition Hitlerreden 1933–1945“: Team um Prof. Cornelißen übernimmt Neuedition der Hitlerreden ab 1933 Seine schneidende Stimme ist unverkennbar, man

Der unversöhnte Theoriegeist

In „Der Philosoph: Habermas und wir“ von Philipp Felsch verschränken sich Zeit- und Geistesgeschichte in der Figur eines großen Frankfurter

Kein richtiges Leben im falschen?

Drei Romanheld*innen werden auf ganz unterschiedliche Weise mit den Widersprüchen der Gegenwartsgesellschaft konfrontiert: Die Erziehungswissenschaftlerin Yandé Thoen-McGeehan hat gerade ihren

You cannot copy content of this page