Der Friedrich-Preis für Deutschdidaktik 2018 geht an Prof. Cornelia Rosebrock, Literaturdidaktikerin an der Goethe-Universität. Insbesondere Rosebrocks Arbeiten zur Leseförderung haben die Unterrichtspraxis an Schulen im deutschsprachigen Raum maßgeblich verändert.
Cornelia Rosebrock erhält den Preis der Erhard-Friedrich-Stiftung „für ihre herausragenden Forschungs- und Publikationsleistungen, insbesondere im Bereich der Lesesozialisation, des Lese- und Literaturerwerbs und der Literaturdidaktik“, so die Jury in ihrer Begründung. Der Preis wird im September in Hamburg verliehen. Er ist mit 10.000 Euro dotiert.
„So eine Begierde zu lesen“ – mit diesen Worten hat Cornelia Rosebrock eine ihrer frühen Arbeiten überschrieben, in der sie sich mit der Bedeutung des Lesens im lebensgeschichtlichen Zusammenhang befasst. Doch nicht jedem ist diese Begierde in die Wiege gelegt, obwohl sie so entscheidend sein kann für das spätere Leben. Wer von klein auf viel vorgelesen bekommt und mit Geschichten und Büchern aufwächst, für den ist Lesenlernen meist keine große Hürde. Etwa ein Fünftel der Kinder tut sich jedoch schwer damit – hier ist die richtige Form von Leseförderung gefragt.
„Lange Zeit war Leseförderung eine Art Literaturmarketing“, sagt Prof. Rosebrock. Die Leseförderung habe vom Kopf auf die Füße gestellt werden müssen, um die schwachen Schüler besser unterstützen zu können. Dabei gehe es nicht nur um das rein technische Lesen: Wer das kann, muss noch kein „geneigter Leser“ werden, der sich mit dem Gelesenen auch auseinandersetzt. „Für mich steht das literarische Lesen im Fokus der Persönlichkeitsbildung. Die Kinder sollen sich als denkende und handelnde Objekte am Lesen beteiligen, nicht einfach etwas herunterlesen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Literatur ist für sie ein eigener Erfahrungsraum und ein wichtiges Medium der Sozialisation.
In ihrer Forschung hat sie den Lesekompetenzbegriff in weitere Kompetenzen untergliedert und damit der Schule die Diagnostik erleichtert: Lehrer haben damit ein besseres Instrumentarium, um zu erkennen, wo es bei den Schülern Nachholbedarf gibt. Denn: „Üben allein hilft nicht weiter“, ist Rosebrock überzeugt. Der Erfolg gibt ihr Recht: Ihr gemeinsam mit Daniel Nix herausgegebenes Lehrbuch „Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung“ ist 2017 in achter Auflage erschienen und wird vielfach in der Lehrerausbildung und in den Schulen eingesetzt. Seit 2004 hat Rosebrock gemeinsam mit dem Psychologen Prof. Andreas Gold Leseflüssigkeitsforschung betrieben.
Cornelia Rosebrock ist gebürtige Frankfurterin. Sie hat in Kassel Deutsch und Polytechnik für das Lehramt an der Hauptschule studiert und arbeitete zunächst als Lehrerin, aber auch als Lehrbeauftragte an verschiedenen Unis. Nach einem Erweiterungsstudium der Erziehungswissenschaften und der Philosophie wurde sie mit einer Arbeit über Wahrnehmung und Zeitkonstitution beim Lesen promoviert. Von 1993 an arbeitete sie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und baute dort ein Lesezentrum auf. An die Goethe-Universität kam sie 1998 als Vertretungsprofessorin, zum Wintersemester 1999/2000 wurde sie zur Professorin berufen. Rosebrock ist im gesamten deutschsprachigen Raum als Expertin und Gutachterin gefragt.
Der Friedrich-Preis der Erhard-Friedrich-Stiftung wird alle zwei Jahre im Rahmen des Symposions Deutschdidaktik in Hamburg verliehen. Erhard Friedrich war ein erfolgreicher Verleger, der sein Unternehmen nach dem Krieg aus dem Nichts aufgebaut hat. Der Friedrich Verlag ist heute eine Tochter des Klett Verlages und ist nach wie vor eines der führenden Häuser für Fachzeitschriften aus den Bereichen Kultur und Pädagogik. Um die wissenschaftliche Entwicklung dieser Bereiche zu fördern, gründete Erhard Friedrich 1997 gemeinsam mit seiner Frau die Erhard-Friedrich-Stiftung.
Quelle: Pressemitteilung vom 19. Juni 2018