Nachbericht zum Bürger-Uni-Abend “Medienphänomen Tatort”

Auf dem Podium diskutieren: Prof. Julika Griem, Christian Buß, Liane Jessen und François Werner. Moderation: Petra Boberg; Foto: Benjamin Andre
Auf dem Podium diskutieren (v.l.): François Werner, Liane Jessen, Petra Boberg (Moderation), Prof. Julika Griem und Christian Buß.

„Medienphänomen Tatort. Was macht die Krimireihe zum Kult?“ – so lautete das Thema des ersten Bürger-Uni-Abends. Expertinnen und Experten diskutierten über Qualität und Erfolgsgeschichte der beliebten Fernsehreihe.

Weit über 100 Interessierte fanden am Montagabend den Weg in die Stadtbibliothek, um mit Experten auf dem Podium über Deutschlands wohl beliebteste Krimireihe zu diskutieren. Begrüßt wurden sie von der Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Birgitta Wolff, LKA-Präsidentin Sabine Thurau und Frankfurts Stadträtin Elke Sautner.

Der 1.000ste Tatort war am vergangenen Sonntag ausgestrahlt worden. „Es sind aber schon über 1.000“, korrigierte François Werner, Betreiber des Portals www.tatort-fundus.de, augenzwinkernd die runde Zahl. Unterschiedlich wurde auf dem Podium, das von hr-Journalistin Petra Boberg moderiert wurde, die Qualität der Folge „Taxi nach Leipzig“ mit den Tatort-Kommissaren Bobrowski und Lindholm eingeschätzt: Liane Jessen, Fernsehspielchefin des Hessischen Rundfunks, beklagte die mangelnde Experimentierfreude in der Jubiläumsfolge; der Tatort lebe von der „Grenzüberschreitung“, die in der Produktion des NDR leider ausgeblieben sei.

Prof. Julika Griem, Literaturwissenschaftlerin an der Goethe-Universität, attestierte hingegen dem Film einen narrativen Tiefgang: „Es geht gar nicht um filmästhetische Innovation – der Erfolg der Serie liegt in dem gleichen Grundschema begründet, das der Zuschauer liebt. Kleine Details sorgen dann für Überraschung.“ Christian Buß, Fernsehkritiker beim SPIEGEL, sieht die bisweilen massive Kritik an den Tatort-Folgen gelassen: „Vier von fünf Folgen sind meist gut“, so die Einschätzung des Kritikers. Die föderale Konkurrenz der Sender sorge für eine Vielfalt und Lebendigkeit von Milieus und Orten, die man sonst kaum im Deutschen Fernsehen finde. Zu den beliebtesten Kommissaren gehörten nach wie vor Thiel und Börne aus Münster. „Viel Komik, wenig Logik“, bemängelte François Werner, der persönlich die geradliniger erzählten und mit weniger Privatleben der Ermittler aufwartenden Tatorte der 70er und 80er Jahre bevorzugt.

„Die Münsteraner darf man nicht kritisieren, da erntet man böse Kommentare“, berichtete Christian Buß. Und Liane Jessen beklagte sich über Beleidigungen, die bis hin zur Morddrohung reichten. „Die Unzufriedenheit am politischen System, wie man es im Augenblick auf vielen Ebenen beobachten kann, bricht sich auch in solchen Kommentaren Bahn“, so Christian Buß. Julika Griem erinnerte aber daran, dass die begleitende und kommentierende Kommunikation im Social Web den Tatort überhaupt erst zum öffentlichen Thema gemacht habe. Der Höhepunkt der Tatort-Begeisterung sei möglicherweise aber bereits schon überschritten; gerade jüngere Zuschauer fänden nur selten einen Zugang zum Tatort.

Am 21. November geht es weiter: „Der reale Tatort. Verdrängen Klischees die kriminalistische Wirklichkeit?“, 19.30 Uhr, Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt, Hasengasse 4.

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