Die Corona-Pandemie betrifft auch die Forschungsförderung. Kolleginnen aus der Goethe-Universität berichten, wie sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt unterstützen und wieso die Situation vor allem für Early Career Researcher herausfordernd ist.
Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf die Forschungsförderung aus. Verbundprojekte sind dabei ganz unterschiedlich betroffen, da einige Forschungsaktivitäten viel stärker als andere unter den Corona bedingten Einschränkungen leiden. In manchen Fällen bestand die Herausforderung in den zurückliegenden Wochen vor allem darin, die neuen digitalen Kommunikationsformen für Koordination, Betreuung und wissenschaftlichen Austausch zu nutzen. Das hat auch in diesem Bereich für den vielgepriesenen Digitalisierungsschub gesorgt.
In anderen Bereichen hatten die weltweiten Maßnahmen im Zusammenhang mit Corona massive Auswirkungen auf geplante Forschungsreisen, Versuchsreihen und andere Formen der Datenerhebungen: Zum Beispiel sind durch Reisebeschränkungen Dienstreisen nicht möglich, die Laborzeiten eingeschränkt oder es besteht kein Zugang mehr zu bestimmten Personengruppen für Testreihen oder Interviews. Für die strategische Forschungsförderung gilt es hierbei also, in engem Kontakt mit den Projektteams zu stehen.
»Die Abweichung von den normalen, bekannten Abläufen und die Umstellung auf neue, ungewohnte digitale Formate wird erst mal für noch mehr Nervosität sorgen.«
Katharina Dolata
So ist es möglich, die Entwicklungen genau zu beobachten und bei Bedarf nach strukturellen oder am Einzelfall orientierten Unterstützungsmöglichkeiten zusammen mit den Drittmittelgebern zu suchen. Die Einschränkung von Präsenzveranstaltung und das damit einhergehende Ausweichen auf digitale Formate spielen auch für die Begutachtungsprozesse eine Rolle. Wissenschaftliche Vor-Ort-Begehungen sind für die verantwortlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Hochschulen eine aufregende Angelegenheit, mit viel Koordinationsaufwand. Dabei geht es nicht nur um Drittmittel, sondern vor allem um die Anerkennung von Forschungsleistungen. Somit können die Nerven schon mal blank liegen.
»Die Abweichung von den normalen, bekannten Abläufen und die Umstellung auf neue, ungewohnte digitale Formate wird erst mal für noch mehr Nervosität sorgen«, prognostiziert Katharina Dolata, die in der Abteilung Forschung und Nachwuchs (FuN) unter anderem für die Antragsbegleitung von Graduiertenkollegs und die Begleitung von Begutachtungsprozessen zuständig ist.
Herausforderung Qualifikationsphase
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Qualifikationsphasen sind in besonderem Maße von den aktuellen Einschränkungen im Forschungs- und Wissenschaftsbetrieb betroffen. Auf dem Weg zu wichtigen Qualifikationszielen oder anderen Meilensteinen im Lebenslauf können die Corona bezogenen Einschränkungen – seien es zeitliche Verzögerungen oder schwerwiegendere Veränderungen im Forschungsfeld – vor dem Hintergrund befristeter Arbeitsverträge dramatische Auswirkungen haben.
»Early Career Researcher stehen einfach noch mehr unter dem Druck, ihre wissenschaftlichen Ziele im Rahmen vorgegebener Zeitpläne zu erreichen, da dies auch in der Bewertung von Lebensläufen und damit für die zukünftige Karriere eine Rolle spielt« berichtet Dr. Katharina Behmer-Prinz, Ansprechpartnerin bei FuN unter anderem für strategische Fragen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der frühen Berufsphase.
»Early Career Researcher stehen einfach noch mehr unter dem Druck, ihre wissenschaftlichen Ziele im Rahmen vorgegebener Zeitpläne zu erreichen, da dies auch in der Bewertung von Lebensläufen und damit für die zukünftige Karriere eine Rolle spielt.« Dr. Katharina Behmer-Prinz
Zudem würden viele Stimmen aus Wissenschaft und Politik – wie auch Professorin Nicola Fuchs-Schündeln von der Goethe-Universität – zu Recht auf die besondere Belastung von Wissenschaftlern und vor allem Wissenschaftlerinnen mit Kindern hinweisen, die durch die Schließung der Schulen und Kitas mit zusätzlichen Herausforderungen zu kämpfen haben. Eine gute Nachricht war daher, dass die (Post-)Graduiertenakademie der Goethe-Universität GRADE zeitlich passgenau einen Support in Form der Ausschreibung »Finanzielle Unterstützung für Promovierende mit Kind« anbieten konnte.
Grundsätzlich ist natürlich die Unsicherheit, die fehlende Handlungsorientierung und die fehlende Perspektive für Verbundprojekte und alle darin Forschenden ein Problem. Das kann aber auch als Chance betrachtet werden. Wir alle – also Politik, Drittmittelgeber, Hochschulleitungen, Forschungsförderungsstäbe und -abteilungen sowie die Projektleitungen, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Karrierestufen – machen diese Erfahrungen ja zum ersten Mal und lernen gleichzeitig neue Wege kennen. Für die strategische Forschungsförderung ist daher in allen Bereichen eine kluge Informationspolitik und enge Abstimmung mit allen Akteuren von zentraler Bedeutung.
Reicht die Bewilligungsphase aus?
Schwerpunktmäßig melden sich beim Research Service Center (RSC) Projektleitungen, deren Projekte in den kommenden Monaten enden: Hier gilt es abzuwägen, ob die Projekte wie geplant im vorgesehenen Zeitraum beendet werden können. Zeichnen sich Verzögerungen ab, sollte dies in jedem Fall dem Ansprechpartner beim Drittmittelgeber angezeigt werden – ansonsten enden die Projekte wie ursprünglich geplant.
»Uns erreichen viele Anfragen, die so vielfältig sind wie die Projekte selbst. Insofern gibt es nur selten Pauschallösungen, es gilt hier immer die konkreten Umstände im spezifischen Projekt zu beleuchten und daraus die Handlungsoptionen abzuleiten.« Dr. Bettina Heiss
Eine positive Ausnahme bilden hier die Förderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): Die DFG hat insgesamt 175 Mio. Euro zusätzliche finanzielle Unterstützung für von ihr geförderte Forschungsarbeiten während der Corona-Pandemie in Aussicht gestellt. Bereits im März wurde die Laufzeit aller in diesem Haushaltsjahr endenden Verbundprojekte bzw. Bewilligungsphasen bis zum 31. Dezember 2020 kostenneutral verlängert, ohne dass die Projektleitung aktiv werden muss. Mitte Mai informierte die DFG dann, dass ein Mehrbedarf mit wenigen Ausnahmen in fast allen Förderlinien geltend gemacht werden kann.
Eine Aufstockung der Projektmittel ist für Projekte möglich, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2021 regulär beendet wurden oder noch enden werden. Ein Mehrbedarf kann für maximal drei Monate in einer zeitanteiligen Höhe von bis zu maximal 80 Prozent beantragt werden, sofern pandemiebedingte Erschwernisse vorliegen. Meist recht einfach lassen sich mit einer kurzen Begründung bei allen anderen Drittmittelgebern kostenneutrale Laufzeitverlängerungen erreichen. Schwieriger wird es, wenn die Arbeiten nicht mit dem bewilligten Kostenrahmen zu Ende geführt werden können.
In diesem Fall heißt es, das Budget im Hinblick auf mögliche Umschichtungen zu sondieren und zu schauen, was aus den vorhandenen Mitteln erreicht werden kann. Sollte sich so kein Weg zum geplanten Projektabschluss ergeben, bleibt nur die Nachfrage beim Mittelgeber. In Einzelfällen kann auch eine Veränderung des Projektplans unter Einhaltung der Budgetgrenze eine sinnvolle Alternative sein. »Uns erreichen viele Anfragen, die so vielfältig sind wie die Projekte selbst. Insofern gibt es nur selten Pauschallösungen, es gilt hier immer die konkreten Umstände im spezifischen Projekt zu beleuchten und daraus die Handlungsoptionen abzuleiten« berichtet Dr. Bettina Heiss, Beraterin für nationale Forschungsförderung im Research Service Center.
Team RSC / Team FuN
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2/20 des Mitarbeitermagazins GoetheSpektrum erschienen.