Goethe fragt, unsere Wissenschaftler*innen antworten: die Virologin Sandra Ciesek

Goethe fragt, unsere Wissenschaftler*innen antworten. Zum Beispiel, warum sie Wissenschaftlerin bzw. Wissenschaftler geworden sind. Und was sie unbedingt noch herausfinden wollen. In der Reihe „Goethe fragt“ stellen wir fortlaufend kluge Köpfe der Goethe-Universität vor. Uns interessiert, woran sie forschen – und wer die Menschen hinter der Forschung sind.  

Name: Sandra Ciesek
Beruf: Virologin
Arbeitsplatz: Institut für Medizinische Virologie am Fachbereich Medizin

Warum sind Sie Wissenschaftlerin geworden?

Schon als Kind wollte ich immer genau wissen, wie der menschliche Körper funktioniert. Später als Ärztin wollte ich verschiedene klinische Phänomene, die mir im Alltag begegnet sind, genauer verstehen – dafür bin ich dann ins Labor gegangen, um diese Fragen aus der Klinik zu beantworten.

Woran arbeiten Sie gerade?

An sehr vielen verschiedenen Projekten. Wir arbeiten weiter intensiv an verschiedenen Forschungsprojekten, um Coronaviren und andere RNA-Viren besser zu verstehen – wie sich in der Zelle vermehren und was mögliche Angriffspunkte für neue Therapien sind. In Kooperation mit anderen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen charakterisieren wir gerade verschiedene Substanzen, die bestimmte Strukturen vom Coronavirus angreifen und es somit unschädlich machen. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich primär mit Abwasseruntersuchungen von Viren, eine andere entwickelt neue Zellkulturmodelle. Neben den grundlagenorientierten Laborstudien sind wir auch an weiteren Studien beteiligt. Diese beschäftigen sich zum Beispiel mit „Pandemic Prepardeness“ – also wie die Virologie sich in Deutschland besser auf eine neue Pandemie vorbereiten und strukturieren könnte. Ein anderes Projekt liegt eher in der Versorgungsforschung. So führt eine Mitarbeiterin des Instituts zum Beispiel derzeit wissenschaftliche Interviews mit Pflegekräften aus den Alten- und Pflegeheimen durch, um deren Erfahrungen der Pandemie zu reflektieren und daraus zu lernen.

Was wollen Sie unbedingt noch herausfinden?

Ich würde gern ein antivirales Medikament entwickeln, das dann wirklich irgendwann einmal zukünftig im Menschen eingesetzt werden kann.

Wie sieht Ihr idealer Arbeitstag aus?

Zu meinen Aufgaben gehört neben der Forschung auch die Lehre und natürlich die Patientenversorgung, also die virologische Diagnostik. Oft gehört Trouble-Shooting und ständige Improvisation dazu. Im Alltag springt man deshalb oft zwischen ganz unterschiedlichen Themen pausenlos hin und her. Ein idealer Arbeitstag wäre, wenn ich Zeit hätte, mich nur auf ein Thema zu fokussieren und darüber länger als fünf Minuten nachzudenken, ohne ständig unterbrochen zu werden.

Worauf könnten Sie im Arbeitsalltag gut verzichten?

Auf die nächste Pandemie, die ja sicherlich wieder von einem Virus ausgelöst wird.

An meinem Job mag ich

…dass man sehr viel Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen und auch ganz unterschiedliche Aufgaben hat. Da wird es nie langweilig, Routine kenne ich nicht…

Wie motivieren Sie Ihre Arbeitsgruppe?

Ich versuche auf individuelle Stärken und Schwächen der Mitarbeiter*innen einzugehen und die individuelle Entwicklung zu fördern.
In der Grundlagenforschung ist es außerdem wichtig, dass man gut vermittelt, warum wir diese Projekte machen und wie sie vielleicht einmal in der Zukunft Menschen helfen könnten. Das ist für viele die entscheidende Motivation.

Die Goethe-Uni ist für mich

…in erster Linie mein Arbeitsplatz. Aber ich mag auch sehr gern den Campus Westend. Ich finde, es ist einer der attraktivsten Campi in Deutschland, die ich kenne und auf dem ich auch gern mal privat Zeit verbringe.

Was sollte die Gesellschaft über Ihre Forschung wissen? Was ist ein häufiges Missverständnis?

Grundlagenforschung braucht Zeit. Oft forschen wir über Jahre an einem Thema, bis wir neue Erkenntnisse haben, die wir publizieren können. Ein häufiges Missverständnis ist, wie lange es wirklich dauert, ein Medikament zu entwickeln und was das vor allem in der Regel kostet.

Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne mal einen Tag tauschen?

Ich würde mit keiner berühmten Person gerne tauschen wollen. Berühmtheit hat viele Schattenseiten, und man verliert einen großen Teil seiner Privatsphäre. Das finde ich eher abschreckend.

Wie bekommen Sie den Kopf von der Forschung frei?

Ich habe leider eher zu wenig Zeit im Alltag neben meinen anderen Aufgaben – mein Problem ist also eher nicht, wie ich den Kopf von Forschung frei bekomme, sondern wann ich Zeit habe, mich nur auf die Forschung zu fokussieren.

Prof. Dr. med. Sandra Ciesek gehört der Clusterinitiative EMTHERA an. Der Forschungsverbund untersucht Prozesse, die systemischen Erkrankungen an der Schnittstelle von Infektion, Entzündung und Immunität zugrunde liegen.

Mehr Infos
zu Prof. Cieseks Forschungsthemen finden Sie hier.

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