Unterwegs mit Silvia Dabo-Cruz von der Universität des 3. Lebensalters

Silvia Dabo-Cruz, Leiterin der U3L-Geschäftsstelle; Foto: Jürgen Lecher

In den 1980er Jahren startete die „Universität des 3. Lebensalters“. Die Zahl dieser älteren Studierenden ist von anfangs 150 auf mittlerweile rund 3.500 gestiegen. Dauerbrenner bleiben: Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie.

Geschichte kommt am besten an, ebenso die Fächer Kunstgeschichte und Philosophie. Das war schon in den frühen 1980er Jahren so, nachdem sich der Trägerverein »Universität des 3. Lebensalters an der Goethe- Universität e.V.« gegründet und die »U3L«im Wintersemester 1982/83 ihren Betrieb aufgenommen hatte. »Das hat sich seither auch nicht geändert, auch wenn die Zahl der U3L-Studierenden von anfangs 150 inzwischen auf rund 3500 gestiegen ist«, erläutert Silvia Dabo-Cruz. Sie leitet die Geschäftsstelle der U3L im Juridicum auf dem Campus Bockenheim und zitiert die jüngste Befragung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der U3L aus dem Wintersemester 2016/17.

Wie schon der Name »Universität des 3. Lebensalters« andeutet, richtet sich diese Universität der etwas anderen Art – ohne Prüfungen, Noten, Leistungsdruck – insbesondere an ältere Menschen, die sich weiterbilden möchten, nachdem ihr Berufsleben vorüber ist beziehungsweise die Kinder aus dem Haus sind. »Das ist unsere Haupt-Zielgruppe«, sagt Dabo- Cruz, »und aus diesem Grund finden unsere Veranstaltungen tagsüber statt, bis zum späten Nachmittag. Wir schließen aber niemanden aus, der oder die ein paar Jahre jünger ist, und eine Altersgrenze nach oben gibt es natürlich auch nicht.«

Außerdem legt Dabo-Cruz Wert darauf, dass es keine formalen Voraussetzungen dafür gibt, Veranstaltungen an der U3L zu belegen: »Ein Abitur oder einen anderen Schulabschluss brauchen unsere Hörerinnen und Hörer nicht nachzuweisen. Das Einzige, was sie mitbringen sollten, ist Interesse an der Veranstaltung oder den Veranstaltungen, für die sie sich entschieden haben.« Das waren zunächst eigens dafür zugelassene reguläre Lehrveranstaltungen der Goethe-Universität, die durch eigene Veranstaltungen ergänzet wurden. »2005 hat das damalige Präsidium der Goethe-Universität dann beschlossen, dass keine regulären Lehrveranstaltungen mehr für die U3L geöffnet werden sollen.

So haben wir unser eigenes Angebot erweitert und dabei festgestellt, dass wir unsere Zielgruppe sehr gut erreichen, wenn wir sie in eigenen Veranstaltungen ansprechen«, sagt Dabo-Cruz. Und obwohl die Zielgruppe inzwischen hauptsächlich in speziellen U3L-Veranstaltungen angesprochen wird, dürfte ihr die Entscheidung für eine konkrete Vorlesung, ein konkretes Seminar nicht leichter fallen: Aus anfänglich 24 sind gut viermal so viele Einträge im Veranstaltungsverzeichnis geworden – im Sommersemester 2018 standen 98 Veranstaltungen zur Auswahl, von den Vorlesungen »Puccinis Opern« und »Einführung in die Astronomie I: Himmelsmechanik« über die Seminare »China und Europa – kulturgeschichtliche und kulturphilosophische Perspektiven« und »Frankfurt und die afrikanische Literatur« bis hin zu Methodentrainings wie »Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens« und »Grundlegende Suchtechniken und Literaturrecherche im Internet«; abgerundet wurde das Angebot durch einzelne Sport- und Bewegungskurse, beispielsweise zur Sturzprävention im Alter.

Insgesamt orientiere sich das Angebot der U3L aber ganz klar an der Wissenschaft und an Forschungsfragen, hebt Dabo- Cruz hervor, »die U3L ist Teil der wissenschaftlichen Weiterbildung und eng mit der Entwicklung der Wissenschaften und mit Forschungsfragen verknüpft«, und der Vorstandsvorsitzende des U3L-Trägervereins, der emeritierte Biologieprofessor Christian Winter, fügt hinzu: »Insbesondere in Wissenschaften wie der sozialen Gerontologie sind aus dem Lehrbetrieb der U3L »Wir schließen niemand aus, der ein paar Jahre jünger ist« Unterwegs mit Silvia Dabo-Cruz, Leiterin der U3L-Geschäftsstelle schon gute Forschungsansätze hervorgegangen und interessante Publikationen entstanden. In den Naturwissenschaften führt die Lehrtätigkeit an der U3L in der Regel nicht zu neuen eigenen Ergebnissen.

Viele der Lehrenden waren ja früher selbst als Professor beziehungsweise Professorin an der Goethe- Universität aktiv, verfügen aber jetzt im Allgemeinen über kein Labor mehr. Für sie ist die Lehre an der U3L eine willkommene Möglichkeit, ›am Ball zu bleiben‹.« Dementsprechend folgt das Veranstaltungsangebot dem Studienangebot der Goethe-Universität: So wie es dort beispielsweise keinen Fachbereich Architektur gibt, bietet auch die U3L weder eine Vorlesung über Bauphysik noch ein Städtebau- Seminar an. Auch Sprach-, Tanz- und Kochkurse, wie sie zum Standardprogramm der Volkshochschulen gehören, sucht man im U3L-Veranstaltungsverzeichnis vergeblich.

»Es gibt ja von ganz verschiedenen Einrichtungen Bildungsangebote für ältere Menschen, und deren Profile sollten schon unterscheidbar bleiben«, sagt Dabo-Cruz. »Wir wollen den Volkshochschulen keinesfalls das Wasser abgraben.« Trotz ihrer wissenschaftlichen Ausrichtung ist die U3L keine Einrichtung der Goethe-Universität, sondern wird von einem selbstständigen e.V. getragen, an den die U3L-Studierenden ihre Semestergebühren zahlen – um Veranstaltungen an der U3L zu belegen, brauchen sie allerdings nicht Mitglied im Verein zu sein. »Der Verein bezahlt mein Gehalt und das meiner fünf Kolleginnen in der Geschäftsstelle«, sagt Dabo-Cruz, »außerdem zahlt der Verein für jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin Miete an die Goethe-Universität, weil wir Räume und Einrichtungen der Universität nutzen.Zum Beispiel arbeiten wir viel mit dem Hochschulrechenzentrum zusammen, das unsere Datenbanken und die Software für die Teilnehmer- Verwaltung erstellt hat.«

Aber der Verein und sein Vorstand haben natürlich nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. So nimmt der Vorstand Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung, indem er zunächst das Semesterthema der U3L festlegt. Das gerade zu Ende gegangene Sommersemester 2018 hatte der Vorstand zum Beispiel unter das Motto »Frankfurter Impulse« gestellt; es blieb dann beispielsweise den Lehrenden der Philosophie überlassen, ob sie über die Kritische Theorie der Frankfurter Schule oder über die Ethik Immanuel Kants referieren wollten.

Nachdem Dabo-Cruz’ Kollegin Annabell Axtmann in der Geschäftsstelle gesammelt hat, was die Stamm-Dozentinnen und -Dozenten zum Semesterthema oder zu einem beliebigen anderen Thema anbieten, stimmt der Vorstand über die Vorschläge ab und verabschiedet das endgültige Programm der U3L. »Natürlich erhalten wir auch immer wieder Programm- Vorschläge aus dem Kreis der Studierenden«, ergänzt Axtmann, »und wir freuen uns über dieses Feedback. Angeregt durch unsere Teilnehmenden-Befragung aus dem Wintersemester 2016/17 versuchen wir gerade, den Programmbereich Naturwissenschaften auszubauen.

Viele der U3L-Lehrenden hatten früher eine Professur an der Goethe-Universität. Foto: Jürgen Lecher

Toll ist auch, dass einige unserer Studierenden selbst aktiv werden und ihre Ideen in Eigeninitiative umsetzen«, sagt Axtmann und nennt als Beispiele den Debattierclub und die Projektgruppe »Enigma«, in der Chancen und Risiken des digitalen Wandels erarbeitet werden. »Und die Studierenden haben eine weitere Möglichkeit, sich umfassend und längerfristig an der U3L zu engagieren«, fügt Dabo-Cruz hinzu, »indem sie sich für unseren so genannten strukturierten Studiengang einschreiben.« Gemeinsam mit einer Kollegin aus der Geschäftsstelle organisiert und betreut Dabo-Cruz diesen viersemestrigen, interdisziplinären Studiengang, zu dem in jedem Semester eine Reihe von U3LVeranstaltungen angeboten wird und der optional mit einer einsemestrigen Abschlussarbeit abgeschlossen werden kann:

Mit dem Sommersemester 2018 sind die Veranstaltungen des Studienganges »Altern in Wissenschaft und Erfahrung« zu Ende gegangen, sodass die Absolventinnen und Absolventen, die sich dafür entschieden haben, derzeit ihre Abschlussarbeit anfertigen, bevor sie dafür das »U3L-Zertifikat« entgegennehmen und bevor Dabo-Cruz und ihre Kollegin das Thema des nächsten strukturierten Studienganges festlegen. In diesem bevölkern voraussichtlich vom Wintersemester 2019/20 an rund 50 bis 100 »Erstsemester« die Hörsäle und Seminarräume auf dem Campus Bockenheim.

[Autorin: Stefanie Hense]

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  • Information und Beratung zum Studium an der U3L unter 069 / 798-28861
  • Website der U3L: www.u3l.uni-frankfurt.de
  • Das gedruckte U3L-Veranstaltungsverzeichnis ist in der Geschäftsstelle im Juridicum, Campus Bockenheim, sowie in zahlreichen Buchhandlungen in/um Frankfurt erhältlich.

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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 3.18 der Mitarbeiterzeitung GoetheSpektrum erschienen.

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