Genuss und Gemeinschaftsgefühl

Mit seinem Start-up „Mamaye“ möchte Bahleby Tewelde die Welt für die eritreisch-äthiopische Küche gewinnen.

„Ich bin durch und durch ein Frankfurter Bub und stolz darauf“, sagt Bahleby Tewelde gleich zu Beginn des Gesprächs. Der Alumnus der Goethe Business School (GBS) ist nicht nur Start-up-Gründer, sondern auch ein leidenschaftlicher Kommunikator, der gerne über sein Lieblingsthema spricht: eine andere Art von Esskultur, die für eine neu entdeckte Sinnlichkeit steht, Qualität verspricht und bei der auch der soziale Aspekt eine wichtige Rolle einnimmt. Das Produkt, das er mit dem kleinen Unternehmen „Mamaye“ anbietet, ist eine kleine Palette an authentischen Gerichten Ostafrikas, abgefüllt in Gläsern und schnell verfügbar für die Zubereitung.

Hommage an alle Mütter

Bahleby Tewelde beim Bekanntmachen von „Mamaye“ im PEG-Gebäude. Foto: privat
Bahleby Tewelde beim Bekanntmachen von „Mamaye“ im PEG-Gebäude. Foto: privat

Bahlebys Eltern kommen in den 80er Jahren wie viele andere aus Eritrea nach Deutschland, auf der Flucht mit zwei Kindern wegen des Unabhängigkeitskrieges. In Sossenheim aufgewachsen, besucht er das Gymnasium in Höchst. „Ein recht straighter Bildungsweg, der mich dann an die Hochschule in Fulda führte, an der ich den Bachelor und Master erwarb in Internationaler BWL und Management und meine Frau Yemi kennenlernte. Danach arbeitete ich bei Heraeus, einem Fortune-500-Unternehmen mit Hauptsitz in Hanau. Als ich dann im Arbeitsalltag steckte, merkte ich, dass ich mich noch weiterentwickeln wollte und entschied mich für ein Studium an der Goethe Business School.“

Ein weiterer wichtiger Einschnitt: Bahleby und Yemi bekommen Familienzuwachs. Eine große Unterstützung in dieser anstrengenden Lebensphase ist nun Bahlebys Mutter, die für die beiden werdenden Eltern traditionelle eritreische Gerichte kocht, die sie nur aufwärmen müssen. Die Teilnahme am Kurs zum Thema „Innovation and Incubation“ an der GBS bringt Bahleby dann auf die Idee: Warum nicht einfach das Essen seiner Mutter in Gläser abfüllen und seinen Kommilitonen zur Verkostung anbieten? „Es war ein voller Erfolg, die Leute liebten es sofort“, erzählt er. Neben zwei kleineren Straßenfesten wird die Idee auf dem Museumsuferfest und dem African Food Festival in Berlin weiter vertestet: „Es war unglaublich, wie viele Menschen Lust hatten, unsere Gerichte zu probieren. Das hat uns den Mut gegeben, weiterzumachen“, sagt Bahleby. Gemeinsam mit seiner Frau gründet er nun „Mamaye“: „Der Name bedeutet in Eritrea und Äthiopien ‚meine Mutter‘ und soll eine liebevolle Hommage an alle Mütter sein, deren Fürsorge die Basis für dieses Projekt war“, betont Bahleby. Online kann man bereits die Gläser bestellen; künftig hofft Bahleby, mit einem Stand auf dem Campus Westend vertreten zu sein, um in Präsenz ins Gespräch mit Interessierten zu kommen.

Afrika in Frankfurt

„Frankfurt ist ein wirklicher Hotspot für afrikanische Küche“, betont Bahleby. Nach seiner Recherche sind ungefähr 45 % der Restaurants in Deutschland eritreisch-äthiopisch, in Frankfurt sogar über 80 %. „Was der Döner für Berlin ist, ist das Sauerteigbrot Injera – natürlich neben dem Handkäs mit Musik – für Frankfurt“, lacht Bahleby. Das erleichtere natürlich den Einstieg, sagt er. Was zeichnet nun aber die eritreisch-äthiopische Küche aus? „Die Küche weist viele vegane Gerichte auf, Linsen spielen dabei eine große Rolle. Bei uns kommt es vor allem auf die Gewürze an. Wichtig in unserer Esskultur: Man isst zusammen, und zwar von einer gemeinsamen Platte.

Dass momentan noch Mund-zu-Mund-Propaganda auf und jenseits des Campus für die Verbreitung des Produkts sorgt, versteht Bahleby keineswegs als Manko: „Mir gefällt, wenn ‚Mamaye‘ von vielen Menschen erlebt und weiterempfohlen wird. Die Esskultur bleibt dann lebendig, wenn man offen ist für andere Einflüsse. So möchten wir langfristig gerne auch noch andere Küchen Afrikas entdecken und für unsere Kunden aufbereiten. In der Vergangenheit lernte ich in Ruanda ein Gericht mit dem merkwürdigen Namen ‚Rolex‘ kennen, sehr schmackhaft.“

„Einfach machen!“

Was würde Bahleby anderen angehenden Gründerinnen und Gründern raten, gibt es ein Erfolgsrezept? „Das Wichtigste ist erst einmal das Machen! Ich bin damals mit der simplen Idee, das Essen meiner Mutter zu verbreiten, einfach gestartet. Natürlich war der Weg zwischendurch auch steinig und von Rückschlägen gezeichnet. So mussten wir feststellen, dass die Haltbarmachung von Linsen recht kompliziert ist. Es gibt zudem jede Menge Lebensmittelvorschriften, die es zu beachten gilt. Manchmal ist es auch sehr schwierig, als kleines Start-up etwas auszuprobieren und das eigene Wissen zu vergrößern. Wir hatten Glück, dass eine Großküche uns sehr wohlgesinnt war und uns Zugang zu einem Großkessel gewährt hat.“ Bahleby erwähnt in dem Zusammenhang den Begriff des MVP, des Minimum Viable Product: Es bedarf eines minimal brauchbaren Produkts. „Bei uns war es das Essen im Glas. Man muss dann schauen: Funktioniert das, wird es angenommen, wie kommt man weiter?“

Mittlerweile haben Bahleby und Yemi ein kleines Team um sich versammelt, darunter einige Studierende der Goethe-Universität. „‚Mamaye‘ ist unsere gemeinsame Geschichte, die wir gerne zusammen weitertragen.“ Viele Interessierte zeigen sich vor allem erstaunt darüber, dass Bahleby seine Abschlussarbeit über das Start-up geschrieben hat: „Denen sage ich dann: Das ist keine große Sache, Ihr müsst nur eine Professorin oder einen Professor finden, die bzw. der Euch bei der Ausarbeitung der Projektidee begleitet.“ Auch das Unibator-Programm der Goethe-Universität erwähnt der Gründer an dieser Stelle; beim nächsten Unibator-Pitch im Mai will man mit „Mamaye“ selber an den Start gehen.

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