Goethe-Universität: Neue Spitzenforschungsprojekte zu Vertrauen im Konflikt, Neutronensternen und Krankheitsmechanismen

Welche Möglichkeiten bieten gesellschaftliche Konflikte, um Vertrauen zu schaffen? Was passiert, wenn Neutronensterne miteinander verschmelzen und dabei Gravitationswellen und schwere chemische Elemente produzieren? Wie können neuartige Medikamente für Entzündungen und Infektionen entwickelt werden, wenn man das innere Gleichgewicht von Zellen (Homöostase) besser versteht? Forscher*innen der Goethe-Universität gehen diesen Fragen in den kommenden Jahren gemeinsam mit Partnern anderer Universitäten und wissenschaftlicher Einrichtungen nach. Die Clusterprojekte ENABLE, ELEMENTS und ConTrust werden mit 20,7 Millionen Euro vom Land Hessen und in gleicher Höhe von der Goethe-Universität und den beteiligten Partnern gefördert und ermöglichen die Vorbereitung auf die nächste Exzellenzstrategie von Bund und Ländern. Darüber hinaus sind Forscher*innen der Goethe-Universität an zwei weiteren Clusterprojekten („3AI“, TU Darmstadt, und „The Adaptive Mind“, JLU Gießen) beteiligt.

Die heutige Bekanntgabe zur Förderung dreier Clusterprojekte unter Federführung der Goethe-Universität sieht der Präsident, Prof. Dr. Enrico Schleiff, als sehr wichtigen Meilenstein auf dem Weg in die nächste Runde der Exzellenzstrategie:

„Dass wir diese wichtigen Fördermittel einwerben und zusammen mit unseren Partnern alle drei Anträge zum Erfolg führen konnten, ist ein Beleg für die Forschungsstärke der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Hier zeigt sich, dass wir in unseren Forschungsschwerpunkten kreative Ideen entwickeln und umsetzen. Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir mit den drei Clusterprojekten in der biomedizinischen Grundlagen- und Translationsforschung, der Astro- und Teilchenphysik und der interdisziplinären Erforschung der Dynamiken des politischen Zusammenlebens eine ausgezeichnete Grundlage, um exzellente Forschung voranzutreiben: die wichtigste Voraussetzung für eine optimale Positionierung für die nächste Runde der Exzellenzstrategie. Besonders betonen möchte ich, dass mit einem gemeinschaftlichen Cluster und der Beteiligung von Kollegen der Goethe-Universität an einem zweiten Cluster aus Darmstadt auch das Fundament für den Verbund der Rhein-Main-Universitäten gestärkt wird. Ich beglückwünsche alle beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu diesem großartigen Erfolg.“

Das Geheimnis des politischen Zusammenlebens

Konflikte sind in Gesellschaften nicht nur unvermeidbar; sie sind für demokratisches Zusammenleben und gesellschaftlichen Fortschritt unabdingbar. Doch wie können die Konfliktparteien sicher sein, dass sie sich nicht auf ungeschütztes Terrain begeben, dass der Streit nicht zerstörerisch wird? Das Geheimnis des gesellschaftlichen Zusammenhalts, davon geht das am Zentrum Normative Ordnungen angesiedelte Forschungsvorhaben ConTrust aus, ist Vertrauen, das im und durch Konflikt gebildet und gefördert wird – und nicht jenseits davon. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher wollen neue Wege beschreiten, indem sie Vertrauen nicht als Gegenbegriff zum Begriff des Konflikts sehen, sondern als Element desselben. Bei der empirischen und normativen Erforschung des Zusammenhangs zwischen den beiden Begriffen sollen disziplinäre Grenzen überschritten, neue Methoden erarbeitet und angewendet werden. Dabei soll es auch um neue Qualitäten der Ungewissheit gehen, die nicht zuletzt in der Corona-Krise zutage traten. Ziel ist eine Diagnostik der Dynamik von Vertrauen und Misstrauen in Konfliktsituationen. ConTrust wird mit 4,8 Millionen Euro aus Landesmitteln und 4,9 Millionen Euro Eigenanteil der Goethe-Universität und des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung gefördert.

Mehr zum Clusterprojekt ConTrust

Die Materie in Neutronensternen

Neutronensterne stehen im Fokus des Clusterprojekts ELEMENTS. Neutronensterne sind die Überreste gewaltiger Sternenexplosionen (Supernovae) und gehören zu den extremsten Objekten im Universum: Materie ist in ihrem Kern so stark verdichtet, dass sie Berechnungen zufolge sogar als Quark-Gluon-Plasma vorliegen könnte – als Materie, die in ihre elementaren Bestandteile aufgelöst ist. Neutronensterne verursachen – wie schwarze Löcher – Raum-Zeit-Krümmungen, und wenn zwei Neutronensterne miteinander verschmelzen, entstehen schwere chemische Elemente und Gravitationswellen, die auf der Erde gemessen werden können. Durch die Beobachtung solcher astrophysikalischer Phänomene, durch theoretische Berechnungen und durch Experimente, die zum Beispiel an den Beschleunigern des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung und der dort entstehenden neuen Beschleunigeranlage FAIR gemacht werden, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von ELEMENTS neue Erkenntnisse über den Aufbau und die Beschaffenheit von Materie gewinnen und darüber, wie Elemente wie zum Beispiel Gold im Universum hergestellt wurden. Forschungsstrategisch knüpft ELEMENTS andie enge Kooperation der Goethe-Universität und der TU Darmstadt im Verbund der Rhein-Main-Universitäten an. ELEMENTS wird mit 7,9 Millionen Euro aus Landesmitteln und 8 Millionen Euro Eigenanteil der Goethe-Universität und der Mitantragsteller gefördert.

Warum Zellen die Balance verlieren

Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich der Biomedizin erfordern einen schnelleren Transfer grundlegender Erkenntnisse in die klinische Forschung und Anwendung. Innerhalb des Clusterprojektes ENABLE werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren, wie deregulierte zelluläre Signalwege die Entstehung und den Verlauf von Erkrankungen beeinflussen. Sie wollen verstehen, wie bakterielle und virale Pathogene mit ihren Wirtszellen interagieren, welche Immunantworten hierdurch ausgelöst werden und wie es nachfolgend zu Gewebeschäden und Erkrankungen kommt. Basierend auf diesem Wissen wollen sie therapeutische Strategien gegen neu auftretende Viren wie SARS-CoV-2 oder gegen Antibiotika-resistente Bakterien entwickeln. Im Zentrum des Interesses stehen darüber hinaus Entzündungsreaktionen, die den Verlauf und Therapieerfolg nicht nur bei Infektionen, sondern bei vielen komplexen Erkrankungen mitbestimmen, unter anderem bei solchen des Immunsystems oder bei Krebs. Um seine Ziele zu erreichen, setzt das ENABLE-Konsortium auf enge interdisziplinäre Zusammenarbeit und modernste Technologien sowie neue chemische und biologische Tools, die es erlauben, zelluläre Funktionen mit ungekannter Präzision zu analysieren. ENABLE wird mit 8 Millionen Euro aus Landesmitteln und 9,1 Millionen Euro Eigenanteil der Goethe-Universität und der Mitantragsteller gefördert.

Künstliche Intelligenz und menschlicher Geist

An zwei Clusterprojekten zur Künstlichen Intelligenz und zur Erforschung menschlichen Verhaltens ist die Goethe-Universität beteiligt: Im Clusterprojekt 3AI (TU Darmstadt, 5,2 Millionen Euro Landesmittel) wird es um Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) gehen, die sich mit menschenähnlichen Fähigkeiten an neue Systeme anpassen können. Im Clusterprojekt The Adaptive Mind (JLU Gießen, Philipps-Universität Marburg, TU Darmstadt, 7,4 Millionen Euro Landesmittel) untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie der Mensch seine mentalen Leistungen einerseits kontinuierlich an die Umwelt anpasst, andererseits aber gegenüber kurzzeitigen Änderungen stabil bleibt.

Weitere Informationen:

Clusterprojekt ConTrust
Vertrauen im Konflikt. Politisches Zusammenleben unter Bedingungen der Ungewissheit

Sprecher:innen:

Prof. Dr. Nicole Deitelhoff

Prof. Dr. Nicole Deitelhoff
Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität (i.G.) und Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Tel: +49 (69) 798-31444
deitelhoff@hsfk.de

Prof. Dr. Rainer Forst (Foto: Frank Röth)

Prof. Dr. Rainer Forst
Forschungszentrum Normative Ordnungen der Goethe-Universität (i.G.)
Tel: +49 (69) 798-31540
forst@em.uni-frankfurt.de

Antragsteller: Goethe-Universität Frankfurt am Main
Mitantragsteller: Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
Beteiligte Einrichtungen: Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt Frankfurt a.M.
Sigmund-Freud-Institut, Frankfurt am Main
Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main
Forschungskolleg Humanwissenschaften, Bad Homburg
Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, Göttingen
Technische Universität Darmstadt
Hessisches Kompetenzzentrum für verantwortungsbewusste Digitalisierung, Darmstadt
Universität Mannheim

Clusterprojekt ELEMENTS – Exploring the Universe from microscopic to macroscopic scales

Sprecher:

Prof. Dr. Luciano Rezzolla

Prof. Dr. Luciano Rezzolla
Institut für Theoretische Physik
Goethe-Universität Frankfurt
Tel: +49 (69) 798-47871
rezzolla@itp.uni-frankfurt.de

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Norbert Pietralla (Foto: TU Darmstadt)

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Norbert Pietralla
Technische Universität Darmstadt
Tel: + 49 (6151) 16 23540
pietralla@ikp.tu-darmstadt.de

Antragsteller: Goethe-Universität Frankfurt
Mitantragsteller: Technische Universität Darmstadt
Justus-Liebig-Universität Gießen
GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Darmstadt

Clusterprojekt ENABLE – Unraveling mechanisms driving cellular homeostasis, inflammation and infection to enable new approaches in translational medicine

Sprecher:innen:

Prof. Dr. Maike Windbergs und Prof. Dr. Ivan Đikić (Foto: Nathalie Jung,)

Prof. Dr. Ivan Đikić
Institut für Biochemie II, Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt und Buchmann-Institut für molekulare Lebenswissenschaften
Tel: +49 (0) 69 6301-5964,
dikic@biochem2.uni-frankfurt.de

Prof. Dr. Maike Windbergs
Goethe-Universität Frankfurt
Institute für Pharmazeutische Technologie und Buchmann-Institut für molekulare Lebenswissenschaften
Tel: +49 (0) 69 798-42715
windbergs@em.uni-frankfurt.de

Antragsteller: Goethe-Universität Frankfurt
Mitantragsteller: Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS), Frankfurt a. M.
Fraunhofer Institute for Molecular Biology and Applied Ecology, Branch Translational Medicine and Pharmacology (Fraunhofer IME-TMP), Frankfurt a. M.
Georg-Speyer-Haus (GSH), Institute for Tumor Biology and Experimental Therapy, Frankfurt a. M.
Max Planck Institute of Biophysics (MPI-BP), Frankfurt a. M.

Beteiligte Einrichtungen
Max Delbrück Center for Molecular Medicine, Berlin
Max Planck Institute for Heart and Lung Research, Bad Nauheim
Max Planck Institute of Molecular Cell Biology and Genetics, Dresden

Weiterführende Links

Relevante Artikel

Es gibt nicht nur die „eine“ Zukunft

Julia Schubert und Steven Gonzalez forschen als Postdocs im interdisziplinären Graduiertenkolleg „Fixing Futures“ und fragen: Was machen Zukunftsvisionen mit dem

Der unversöhnte Theoriegeist

In „Der Philosoph: Habermas und wir“ von Philipp Felsch verschränken sich Zeit- und Geistesgeschichte in der Figur eines großen Frankfurter

Öffentliche Veranstaltungen

You cannot copy content of this page