BSKW: Sprach- und Kulturwissenschaften erhalten eine eigene Bibliothek

Ein großer Moment für die Entwicklung des Campus Westend: Am 28. September wurde in Anwesenheit des hessischen Finanzministers Michael Boddenberg, der Staatssekretärin des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Ayse Asar und Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff das neue Gebäude SKW feierlich eingeweiht. Auch für die Universitätsbibliothek (UB JCS) ein großer Schritt, denn somit ist das bereits vor 20 Jahren vom damaligen Bibliotheksdirektor Berndt Dugall und Universitätspräsident Prof. Rudolf Steinberg geschmiedete Konzept von sechs Bereichsbibliotheken und einer Zentralbibliothek in Bezug auf die Bereichsbibliotheken vollendet. Diese neue sechste Bereichsbibliothek der UB JCS betreut die Fachgebiete der Sprach- und Kulturwissenschaften. Dafür stand nicht nur ein aufwendiger Umzug vom Campus Bockenheim zum Campus Westend an, sondern zugleich auch eine Zusammenführung von insgesamt zwölf Teilbibliotheken.

Der UniReport konnte mit der stellvertretenden Direktorin der Universitätsbibliothek, Dr. Angela Hausinger, und der kommissarischen Leitung der BSKW, Christiane Schaper (zugleich Leitung BzG), über die Bedeutung der neuen BSKW sprechen.

Dr. Angela Hausinger (l.) und Christiane Schaper (m.) mit der neuen Leitung der BSKW, Dr. Aïsha Othman. Foto: Dettmar

UniReport: Frau Dr. Hausinger, Frau Schaper, es ist nicht nur ein Einzug in ein neues Universitätsgebäude, sondern zugleich die Eröffnung einer ganz neuen Bibliothek. Stellte und stellt das eine doppelte planerische und logistische Herausforderung dar?

Angela Hausinger: Die zwölf Teilbibliotheken verfügten über ganz unterschiedliche Strukturen und Ausstattungen. Bereits von der Universitätsbibliothek betreut wurden die Kunst- und Islambibliothek, ebenfalls die Asienbibliothek. Demgegenüber hatten wir aber auch Institutsbibliotheken, die nur mithilfe von studentischen Hilfskräften betrieben wurden und keine bibliothekarische Betreuung aufwiesen. Damit überhaupt ein Umzug möglich war, mussten vorab die Bestände vermessen werden und entschieden werden, was in den öffentlich zugänglichen Freihandbereich, was ins Magazin kommt oder an die Zentralbibliothek abgegeben wird. Das hat uns schon sehr intensiv in den letzten zwei Jahren, seit Sommer 2021 mit Unterstützung von Christiane Schaper als Projektleiterin, beschäftigt. Ich selber habe das Projekt eher als Nutzer*innen-Vertreterin in den baulichen Fragen betreut.

Christiane Schaper: Diese Doppelung von Neuorganisation und Umzug – das hatte auch das Bibliothekszentrum Geisteswissenschaften (BzG), dessen Leiterin ich seit 2005 bin, zu stemmen. 2001 wurde eine neue Organisationseinheit geschaffen, in der mehr als 20 Institutsbibliotheken zu einer gemeinsamen Bereichsbibliothek zusammengefasst wurden. Das war nun auch der Fall bei der BSKW, wobei die Ausgangspositionen der einzelnen Teilbibliotheken schon sehr unterschiedlich waren.

Daher war auch bereits weit vor dem Umzug viel Arbeit zu leisten?

Schaper: Das Ziel war von Anfang an klar: durch die Zusammenführung der Teilbibliotheken das Feld für die Geisteswissenschaften zu runden; das heißt, alle geisteswissenschaftlichen Fächer, die bislang noch nicht in einer Bereichsbibliothek untergekommen waren, in diesem Bauabschnitt zusammenzuführen und als gemeinsame Bibliothek durch die UB JCS zu betreiben. Das geht einher mit einer höheren Zugänglichkeit und Nutzbarkeit, zum Beispiel durch ausgedehntere Öffnungszeiten und ein zeitgemäßes Angebot in allen Nutzungsfragen. Dazu gehören Gruppenarbeitsräume, eine moderne Ausleihverbuchung und der Nachweis des vorhandenen Bestands im gemeinsamen Katalog der UB JCS. Hierfür war sehr viel Vorarbeit notwendig: sowohl im Bereich der Daten, die für den Katalog erfasst werden müssen, als auch organisatorisch. Das parallel zu führen sowohl im Sinne der Umzugsvorbereitung, die in den letzten Monaten unsere Arbeit wesentlich bestimmt hat, als auch in Vorbereitung des Bibliotheksbetriebs, war tatsächlich eine Herausforderung. Das kann sicherlich jeder bestätigen, der in diesem Bereich unterwegs ist.

Hausinger: Das Konzept für die Bereichsbibliothek ist dabei nicht neu, es kommt in allen Bereichsbibliotheken zur Anwendung: viel Freihandbestand, wenig Magazinaufstellung, keine Zuwachsflächen, sondern eine self-renewing library. Das bedeutet, wenn hier etwas reinkommt, muss etwas anderes ausgesondert oder an die Zentralbibliothek abgegeben werden, die ja die Archivfunktion innehat. Wenn man sich jetzt in der BSKW umschaut, sieht man auch, dass hier nicht meterweise Regale leer stehen. Im Gegenteil: Die Hütte ist schon voll (lacht).

Man wusste also nicht genau, was sich in den einzelnen Institutsbibliotheken an Büchern tummelt?

Schaper: Ganz unterschiedlich – während in der Kunstbibliothek, die schon lange als Abteilung der UB läuft, die Erfassung schon sehr gut war, gab es zum Beispiel in der Islamwissenschaft noch große Konvolute nicht erfasster Bestände.

Hausinger: Die Ausgangslage reichte von Excel-Tabellen über selbstgestrickte Datenbanken bis hin zu hochwertigen Katalogdaten in unserem Bibliothekssystem.

Geben die Institute damit auch etwas ab, wie kommt das an?

Schaper: Man kann es als Entlastung betrachten, wenn man als Institut nicht mehr für eine funktionierende Bibliothek sorgen muss. Das ist jetzt Aufgabe der Fachkräfte der UB JCS. Aber das Aufgehen einer kleinen Einheit in einer größeren bedeutet auch, dass dann allgemeingültige Regularien greifen, damit die Konditionen für die Benutzung für alle gleich sind. Das bedeutet, dass individuelle Regelungen, die von den Institutsmitgliedern durchaus geschätzt wurden – auch wegen des unmittelbaren Zugriffs – dann nicht mehr gelten. Hier wird man sich etwas umgewöhnen müssen, da wird es hier und da auch einen gewissen Abschiedsschmerz geben. Wir hoffen aber sehr, dass für alle Beteiligten die Vorteile überwiegen.

Hausinger: Die Bibliothek ist zu viel großzügigeren Öffnungszeiten für alle gleichermaßen zugänglich.

Was sind für Sie Besonderheiten der BSKW?

Hausinger: Es ist definitiv unsere bunteste, wenn man sich die Farbgebung anschaut. Hier sind viele kleine Fächer untergebracht, die einen hohen Betreuungsaufwand erfordern. Die Bibliothekarinnen müssen über spezielle Kompetenzen verfügen, denn wenn man beispielsweise Bestände der Sinologie bearbeitet, muss man die Sprache kennen. Ähnliches gilt für die Musikwissenschaft, wenn es um Noten geht. Das ist sicherlich eine Besonderheit der BSKW. Wir müssen natürlich für ein gewisses Gleichgewicht sorgen, denn wir können nicht für jede Sprache eine entsprechend ausgebildete Fachkraft einstellen.

Hervorheben möchte ich auch die hohe Aufenthaltsqualität in der Bibliothek mit ruhigen Einzelarbeitsplätzen, Sesseln zur Entspannung und Gruppenarbeitsräumen. Die Bibliothek versteht sich als Kommunikationsort, wo Nutzerinnen unterschiedlicher Fächer zusammenkommen.

Bibliotheken sind zunehmend gerade von Studierenden sehr gefragt als Arbeits- und Kommunikationsorte. Hat man dieses geänderte Nutzungsverhalten mit berücksichtigt, auch im Hinblick auf die Digitalisierung?

Hausinger: Der Bologna-Prozess war da sicherlich sehr stilbildend, damit kam eine größere Nachfrage nach Gruppenarbeitsräumen auf. Dies wurde 2001 im BzG so noch nicht berücksichtigt, spielte dann aber bei der Bibliothek Recht und Wirtschaft und allen Bereichsbibliotheken, die danach kamen, eine größere Rolle. Was wir darüber hinaus bei der BSKW stärker in den Fokus rücken werden, ist eine Verklammerung mit der Zentralbibliothek. Wir wollen hier auch eine enge Zusammenarbeit mit den Fachreferent* innen fördern, sodass es hier auch Beratungsangebote zu den Digital Humanities und zum Forschungsdatenmanagement geben wird. Prinzipiell werden elektronische Medien auch in den Geisteswissenschaften immer wichtiger. Die Funktion einer Bibliothek erschöpft sich eben nicht darin, Bücher zu haben, die man ausleihen kann. Wir verfügen über ein großes Repertoire an Services wie Forschungsdatenmanagement, Publikationsunterstützung und Open-Access-Förderung bis hin zur Langzeitverfügbarkeit.

Schaper: Ich möchte noch zum Schluss eine Sache betonen: Die schönste Bibliothek nützt nix, wenn es nicht Menschen gibt, die das Ganze vorantreiben und gut zusammenarbeiten. Hier in der neuen BSKW funktioniert das sehr gut, denke ich. Ein neu entstehendes Kollegium – nun mit der Leiterin der BSKW Frau Dr. Aïsha Othman – mit Mitarbeitenden, die ganz unterschiedliche Erfahrungen und Kompetenzen einbringen – davon lebt eine Bibliothek!

Hausinger: Und ich möchte noch ergänzen, dass natürlich die schönste Bibliothek auch nichts nützt, wenn sie nicht mit Leben gefüllt wird. Von daher hoffe ich auf zahlreiche Nutzer* innen, die die neue BSKW zum Lernen und Forschen aufsuchen und sich dort wohlfühlen.

Zahlen und Fakten zur BSKW

Foto: Uwe Dettmar

Was ist eingezogen?
12 Teilbibliotheken des FB 9 • Afrikanistik • Empirische Sprachwissenschaften • Islamwissenschaften • Japanologie • Judaistik • Koreastudien • Kunstbibliothek/Städelbibliothek • Kunstpädagogik • Musikwissenschaften • Phonetik • Sinologie • Südostasienwissenschaften

Arbeitsplätze für Nutzer*innen
350 Arbeitsplätze • 257 Leseplätze einzeln • 6 buchbare Gruppenarbeitsräume

Bestand und Umzug
Platz für 385.000 Bände, davon ca. 100.000 Bände im Magazin • Dies entspricht 14 lfd. km Regal, davon ca. 10,8 km in Freihand und 3,2 km in Magazin • Umzug: 22.08.2022 bis 22.09.2022 • bewegt wurden insgesamt 14,85 lfd. km (mit Abgaben an ZB etc.)

Personal BSKW
17 hauptamtliche bibliothekarische Mitarbeiter*innen (überwiegend Teilzeit) • Unterstützt von studentischen Hilfskräften

Öffnungszeiten BSKW

Mo.-Fr. 8.00 bis 20.00 Uhr
Sa. 10.00 bis 18.00 Uhr

Nur BSKW-Lernzentrum
Mo.-Fr. 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr
Sa. 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr

Online-Auftritt der BSKW: www.ub.uni-frankfurt.de/bskw

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